Ein schwaches Serienjahr, was fesselnde Neustarts im Dramabereich angeht. Dafür gab es einige schöne „ernste“ Comedys von Netflix, HBO und Co. , eine lange erwartete Fortsetzung aus Frankreich und das würdige Ende eines Meilensteins.
Platz 10 – „Grace and Frankie“
So überschätzt ich die meisten der eigenproduzierten Netflix-Serien finde, muss ich zugeben, dass sie bei Comedys und Dramedys mehr richtig machen. Diese über vier Menschen im Rentenalter, deren Leben noch einmal komplett auf den Kopf gestellt werden, entpuppt sich nach einigen Folgen als unerwartetes Juwel mit vier fantastischen HauptdarstellerInnen. Außerdem wirkt sie dank der Besetzung wie das inoffizielle Crossover von „The West Wing“ und „The Newsroom“.
Platz 9 – „Togetherness“
Noch so eine Sleeperserie, die an vielen wohl vorbeigegangen ist, weil das Konzept so unspektakulär klingt: Ein Ehepaar in mittleren Jahren merkt, dass das Leben sich dann doch nicht so aufregend entwickelt hat, wie man gehofft hatte. Ist das etwa schon alles, fragen sich die Beiden, während sie doch eigentlich ganz glücklich sind. Unterdessen haben ihre Schwester und sein bester Freund viel mehr Grund zum Unglücklichsein – bis sie sich kennenlernen. Mit sanftem Humor und ebenso sanfter Melancholie erzählen die Duplass-Brüder hier eine sehr erwachsene Geschichte.
Platz 8 – „1864“
Die Dänen können es einfach. Mit großem Aufwand und einer All-Star-Besetzung von Lars Mikkelsen bis Sidse Babett Knudsen verknüpfen sie eine Dreiecks-Liebesgeschichte mit einem einschneidenden Kapitel der eigenen Historie. Fängt langsam an und entwickelt sich immer mehr zu einem bewegenden Anti-Kriegs-Epos mit spektakulären Schlachtenszenen – „Apocalypse Now“ auf Dänisch.
Platz 7 – „Girls“, 4. Staffel
Die fortgesetzten Irrwege der Hannah Horvath – diesmal am Schriftstellerseminar in Iowa. Immer noch extrem lustig und nah am eigenen Lebensgefühl.
Drei Serien teilen sich den vierten Platz:
„Halt and Catch Fire“, 2. Staffel
In heutigen Zeiten ist es für eine Dramaserie fast schon ein Kunststück, wenn die zweite Staffel das Niveau der ersten halten kann – AMC gelingt das hier mühelos. Toll gefilmt, gesellschaftlich relevant, mit starken Hauptdarstellern, darunter die beiden deutlich aufgewerteten Frauen. Bechdeltest mit Bravour bestanden.
Rectify, 3. Staffel
SundanceTV lässt auch in der dritten Staffel nicht nach, die zwar noch langsamer erzählt wirkt als die beiden davor, was der Faszination aber keinen Abbruch tut. Selbst Figuren, von denen man das nicht erwartet hätte, entwickeln sich weiter (Ted jr.) und Amantha ist eine der besten Frauenfiguren der Gegenwart. Und Aden Young gucke ich auch gerne eine Staffel lang dabei zu, wie er einen Swimming-Pool streicht.
Orange is the New Black, 3. Staffel
Die Staffel beginnt wieder langsam und legt stetig zu. Eine fast perfekte Mischung aus emotional berührenden Dramamomenten und comic relief mit dem nach wie vor besten Schauspielerinnen-Ensemble, in dem die Nebendarstellerinnen oft mehr glänzen als die mit den Credits im Vorspann.
Gleichstand auch auf Platz 2:
„Mad Men“, Staffel 7.2
Ein würdiges Ende für eine der prägendsten Serien der jüngeren Vergangenheit – und vielleicht die am besten geschriebene. Kein spektakuläres Serienende, aber durchaus ein rundes – mit etwas Fanpleasing und relativ offen. Don Draper auf den Spuren von Jack Kerouac, aber am Ende bleibt er trotz aller Selbsterkenntnis doch der Alte. Sein Platz in der Seriengeschichte ist ihm (und seinem Darsteller Jon Hamm) sicher.
„The Affair“, 2. Staffel
Die wohl „erwachsenste“ der aktuellen Serien, thematisch wie erzählerisch. In der zweiten Staffel bekommen die betrogenen Ehegatten mehr Raum, was insbesondere im Fall von Helen (Maura Tierney) ein Gewinn ist. Aber auch Ruth Wilson und Dominic West empfehlen sich wieder für jeden Darstellerpreis. Teilweise wunderschön gefilmt.
Platz 1 – „Les Revenants“, 2. Staffel
Selten hat sich langes Warten so sehr gelohnt. Fabrice Gobert und sein Team haben es geschafft, das ohnehin extrem hohe Niveau der Auftaktstaffel nicht nur zu halten, sondern darüber hinaus diesmal mit einem runden Finale zu krönen. Von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd, berührend, zum Rätseln und Wundern anregend, in grandioser Bildsprache, mit stimmungsvoller Musik von Mogwai und mit einem hervorragenden Ensemble umgesetzt. Selten habe ich so mit einzelnen Serienfiguren mitgelitten und -gefiebert, die ich erst wenige Folgen kannte. Hier könnte sich Herr Lindelof mal ansehen, wie man eine Mysteryserie befriedigend weitererzählen kann.