Jimmy McGill trifft diese Woche eine wichtige Entscheidung für seine weitere Karriere und fängt an, Dudelsack zu spielen. Außerdem erfahren wir, wo er die Inspiration für seine farbenfrohen Anzüge geklaut hat.
Ein schöner Rückblick eröffnet die Folge: Kinderhände streifen über ein Zeitschriftenregal, vorüber an alten Ausgaben von Mad und National Lampoon – hin zum Playboy. Es ist der junge Jimmy McGill als Kind, der im Laden seines Vaters staubfegen soll. Stattdessen wird er Zeuge eines Betruges. Ein Mann bettelt Jimmys Dad um Geld an, gibt sich aber dem Jungen klar als Schwindler zu erkennen. „There are wolves and sheep in this world. You gotta figure out what you wanna be“, hat dieser Herr noch als Lebensweisheit für den Jungen parat – der sich daraufhin ein paar Scheine aus der Kasse seines alten Herrn nimmt. Ein Vorwurf, den Jimmys Bruder Chuck in einer der Vorwochen-Episoden bereits erhoben hatte, scheint sich damit zu bewahrheiten: Jimmy war schon immer ein Gauner.
Auf der Präsens-Zeitebene schaffen McGill (Bob Odenkirk) und Mike Ehrmantraut (Jonathan Banks) die Sache mit Tuco Salamancas Waffe vom Tisch. Mike ändert seine Aussage bei der Polizei. Im Büro will Jimmy seine Kündigung diktieren, muss sich aber von einem Mitarbeiter belehren lassen, dass er dann seine Bonuszahlung velöre. Also überlegt er es sich wieder anders. Was könnte man stattdessen tun, um etwas Veränderung ins Leben zu bringen? Richtig: einen Stapel bunte Anzüge und Hemden in den schillerndsten Farben kaufen. Optisch ist die Saul-Goodman-Werdung damit bereits abgeschlossen, fragt sich nur, wie lange die charakterliche auf sich warten lässt. Die kleine Modenschau wird von Regisseur Colin Bucksey sehr attraktiv in Szene gesetzt, mit Split Screen und Jump Cuts. Inspiration für Jimmys Modewechsel ist übrigens eine aufblasbare Windfigur, die an einem Autohaus herumweht. (Falls jemand weiß, wie sich diese Dinger nennen, bitte einen Kommentar hinterlassen.)
Jimmy verfolgt natürlich einen Zweck: er will unbedingt gefeuert werden. Ein paar andere Ideen hat er auch noch, bis sich dann der gewünschte Erfolg einstellt. So entdeckt er das Dudelsackspiel für sich, im Büro, zum Leidwesen der Kollegen. Jetzt geht es holterdipolter: McGill hat sich endgültig entschieden, nur noch sein eigener Herr sein zu wollen. Er möchte gerne Kim Wexler (Rhea Seehorn) als Parnterin einer neuen Anwaltskanzlei mit ins Boot holen. Sie fragt ihn, ob er nach den Regeln spielen oder eher „colourful“ sein möchte, woraufhin ihr Jimmy die Wahrheit sagt. Er will sich nicht mehr verbiegen und nur noch er selbst sein. Kim möchte diesen Weg beruflich nicht mitgehen, aber weiterhin mit ihm zusammensein. Wie lange wird das wohl gutgehen? Dass sie später bedeutungsschwanger die Wexler/McGill-Visitenkarte zerreißt und beide Buchstaben voneinander trennt, lässt dunkle Vorahnungen aufziehen. Das Omen wird aber noch in der gleichen Folge harmlos aufgelöst: Kim will ebenfalls ihre eigene Kanzlei, mit Jimmy im Büroverbund, aber nicht als rechtliche Sozietät.
Im Nebenhandlungsstrang kauft Mike seiner Schwiegertochter ein neues Haus. Oder finanziert er nur die Anzahlung? Das bleibt unklar, aber wir lernen zumindest im Vorbeigehen, dass sich Ehrmantraut inzwischen ein paar Dollar zurücklegen konnte. Abends observiert er den Treffpunkt des Salamanca-Clans. Warum, wissen wir noch nicht, und mehr erfährt der Zuschauer in dieser Folge auch nicht aus Mikes Welt.
Auch, wenn in „Inflatable“ wenig passiert ist, hat sich doch einiges getan. Jimmys Weg zu Saul Goodman befindet sich auf der Zielgeraden, nachdem er nun beschlossen hat, es auf eigene Faust zu versuchen. Woher diese Entscheidung gerade jetzt gekommen ist, bleibt allerdings unklar. Wollen die Autoren zu einem späteren Zeitpunkt noch darauf eingehen? Oder lassen sie uns mit diesem undurchsichtigen Entscheidungsprozess alleine? Die Entwicklung hätte ich am Ende der Staffel erwartet, sie kommt überraschend.
Eine neue Folge von „Better Call Saul“ gibt es jeden Dienstag bei Netflix.
Alles, was man über die „inflateable men“ wissen muss in einem großartigen Podcast zum nachhören:
http://99percentinvisible.org/episode/inflatable-men/