22 Minuten Lachen, acht Minuten Werbung

Mutter und Tochter: Allison Janney und Anna Faris in "Mom"; Foto: Monty Brinton/CBS

Seit September werfen die US-Networks wieder eine Comedyserie nach der anderen in ihre Programme. Hari List wirft einen kritischen Blick auf die neuen Sitcoms der Seriensaison 2013/14: aktuelle Serien von Chuck Lorre, Seth MacFarlane und Bill Lawrence, Robin Williams als Alleinunterhalter und jede Menge Rohrkrepierer.

Die Networks lieben sie: Sitcoms sind relativ billig zu produzieren und garantieren meist Zuschauerzahlen ab sechs Millionen aufwärts, die dann auch relativ stabil bleiben. Mit einer Standardlänge von 20-22 Minuten bleibt überproportional viel Zeit für Werbung und so nebenbei bietet man jungen Talenten eine Bühne, um sich ins Rampenlicht zu spielen (und ihren eigenen Werbewert gemeinsam mit dem der Show zu steigern). Was ist schon schwieriger als Comedy?

Jedes Jahr also der große Wettbewerb. Dass dabei die großen Innovationen ausbleiben, ist klar. Allerdings taucht alle paar Jahre eine – ich nenne es einmal so – Leitsitcom auf: die Spitze des Eisbergs. Das ist dann die, deren beste Sprüche von wirklich jedem rund um die Uhr zitiert werden, die Internetmemes en masse inspiriert und auf Pro Sieben und im ORF noch Jahre später in Dauerrotation läuft. Jetzt wo “How I Met Your Mother” ausläuft und “The Big Bang Theory” seinen kreativen Zenit längst überschritten hat und sich mit einer ständigen Wiederholung des Immergleichen zufriedengibt, wäre wieder eine Lücke zu füllen. Ein kurzer Überblick über die erwähnenswerten Neustarts der Saison:

The Ones with the Parents

“Dads”

Seth Green und Giovanni Ribisi spielen zwei erfolgreiche Game-Entwickler, deren Leben auf den Kopf gestellt wird, als ihre Väter (Peter Riegert, Martin Mull) bei ihnen einziehen. Dass die beiden nicht die hilfreichsten Senioren aller Zeiten sind, ist vorhersehbar. Alte Wunden werden aufgerissen und auf die Firma und das Privatleben haben die beiden alten Herren auch mehr Wirkung als ihren Söhnen lieb ist. Seth MacFairlane fungiert als Executive Producer, was man bereits am Logo sieht.

Nichts Neues und selbst einfachste Witze misslingen. Braucht man sich nicht anschauen.

“Mom”

Christie (Anna Faris) ist eine alleinerziehende Mutter, die ihre Tochter bereits im Teenageralter bekam und danach noch einen Sohn von einem anderen Mann. Die Geschichte hat sich quasi wiederholt, bereits sie selbst war die Tochter einer drogenabhängigen, nachlässigen und viel zu jungen Mutter (Allison Janney). Als die Tochter auch noch schwanger wird, schließen sich die drei Frauen zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen.

Was zuerst einmal nach eiskaltem Drama klingt, ist die neueste Sitcom von Chuck Lorre. Bereits in “Two And A Half Men” und “The Big Bang Theory” setzt er uns Hiob-ähnliche Charaktere vor die Nase, aus deren ständigen Leiden und Scheitern die Show ihren Pointen generiert (Alan und Leonard/Raj).

Die Serie hat definitiv Potenzial, leider reicht die Konstellation der drei Frauen nicht aus, um die Serie zu tragen und es braucht noch den Ex-Mann (Matt Jones, “Breaking Bad”), den Boss und den merkwürdigen Chefkoch im Restaurant, in dem Christy arbeitet.

“The Millers”

Die Serie unterscheidet sich nicht groß von “Dads”. Will Arnett spielt einen gerade geschiedenen Journalisten, dessen Eltern seine Scheidung zum Anlass nehmen, sich auch endlich zu trennen. Die Mama zieht bei ihm ein, der Vater (Beau Bridges) bei der Schwester (Jayma Mays) und ihrer Familie. Will Arnett ist so wie meistens großartig, kann aber das einfach grottige Setting nicht retten.

„Ground Floor“: Banker Brody (Skyler Astin) trifft Gebäudemanagerin Jennifer (Briga Heelan); Foto: TBS

The Ones in the Workplace

“Sean Saves The World”

Noch kurz die Welt retten muss Sean Hayes (“Will & Grace”) in seiner neuen Serie nicht. Die Handlung reduziert sich auf das Überfordertsein von Hayes als frischgebackener Alleinerzieher und die Konflikte mit seinem neuen Boss. Die Serie lebt von der Präsenz und dem Charme ihres Hauptdarstellers: Wer Sean Hayes mag, wird zufrieden sein. Alle anderen brauchen ihre Zeit hier nicht verschwenden.

“Ground Floor”

“Upstairs, Downstairs” + Dr. Cox + gut aussehende “I.T. Crowd” + Barney Stinson + Banker. “Ground Floor”, die neue Serie von Bill Lawrence (“Chaos City”, “Scrubs”, “Cougar Town”) baut sich aus beliebten Versatzstücken eine relativ brauchbare Grundkonstellation. Der junge Banker Brody (Skyler Astin) lernt Jennifer (Briga Heelan) aus dem Gebäudemanagement kennen. Dort am Ground Floor ist sie mit anderen für den reibungslosen Ablauf der Gebäudetechnik und IT verantwortlich und hat eigentlich keinerlei Respekt für “die da oben”.
Dort oben kümmert sich fast rührend Brodys Chef (John C. McGinley) um seinen jungen Protegé, hat aber ständig das Bedürfnis, harte Sprüche rauszulassen – quasi Dr. Cox aus „Scrubs“ im Anzug. Ein weiterer Kollege hat eine Liste von Dingen, mit denen er gerne Sex haben möchte und gibt so Sätze von sich wie: “It’s gonna be beast!”.

Stellenweise schwer unterhaltsam. Mit insgesamt sieben relevanten Charakteren flimmert sogar ein Hauch von Ensembleserie über den Schirm. Daraus kann etwas entstehen.

Kindscop Andy Samberg und Krimiveteran Andre Braugher in „Brooklyn Nine-Nine“; Foto: 20th Century Fox TV

The Ones without Laughter

“Brooklyn Nine-Nine”

Klingt nach Polizeiserie – ist eine Polizeiserie. Kind-im-Manne-Detective (Andy Samberg) bekommt einen neuen Vorgesetzten und muss jetzt ganz schnell erwachsen werden. Sehr zum Leidwesen des neuen Captains ist er aber einer der besten Cops. Die Kollegen um ihn herum haben zwar jeder seine ganz eigenen Macken, sind aber zusammen ein gutes Team.

Sehr intelligenter Humor und liebenswerte Charaktere. Das Lachen aus der Konserve hat man sich hier zum Glück erspart und unsere Sehgewohnheiten würden das bei Single-Camera-Serien sowieso nicht goutieren. Anschauen!

“The Crazy Ones”

Starpower mit Sarah Michelle Gellar und Robin Williams als Tochter/Vater-Paar an der Spitze einer Werbeagentur in Chicago. Der Vater ist ein Original: verrückt, crazy. Er trägt die Serie allein, Gellar ist der seriöse Gegenpol. Wie lange solch eine Dominanz einer einzelnen Figur gut geht? Wir werden sehen. Was die Serie gut macht, ist Brand Integration. So ist die Pilotfolge ein einziger Werbeclip für McDonalds. Auf diese Weise kann man Robin Williams’ Gehalt oder die Serie insgesamt auch finanzieren, unpassend wirkt das nicht. Modern und lustig, aber wenig langfristiges Potenzial.

Zusammenfassend sei gesagt: Das Rad erfindet niemand neu. Außer Arbeitsplatz, Wohnung und Bar verwendet keine dieser Sitcoms besonders viele Schauplätze, vor allem nicht außerhalb des Studios. Welche Serie davon eine zweite Staffel erlebt, bleibt abzuwarten. Als nette Unterhaltung nach einem harten Uni- oder Arbeitstag taugen “Mom”, “Ground Floor” und besonders “Brooklyn Nine-Nine” aber allemal.

Wie jedes Jahr produzieren die Networks viel Ausschussware und die Lichtblicke dazwischen muss man mit der Lupe suchen. Was denkt ihr? Welche Shows habt ihr schon gesehen? Was fehlt? Was seht ihr anders?

One comment

  1. Ich kann auch „Brooklyn Nine-Nine“ sehr empfehlen – lustiges Wortspiel übrigens, „Kindscop“. 😀
    Was ich gerade teste, ist „Trophy Wife“ mit Malin Akerman, scheint Potential zu haben.

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