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Mit „Sherlock“ fing es an, mit „Hannibal“ und „Bates Motel“ kam der Trend richtig in Schwung: Immer öfter finden sich bekannte Film- und Romanfiguren in TV-Serien wieder. Das serielle Quartett diskutiert diesmal, wie gut die Adaptionen ausgefallen sind und was uns aus dieser Richtung noch alles erwartet oder erwarten könnte.
Mit dabei sind wie immer Jens Prausnitz. Lina Kokaly, Jens Mayer und Marcus Kirzynowski. Nachbearbeitung, Schnitt, Intro/Outro: Jens Prausnitz
Link-Tipps:
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Inzwischen habe ich die ganze erste Staffel von BATES MOTEL gesehen, und bleibe bei meiner Empfehlung, obwohl die zweite Hälfte das Niveau vom Anfang nicht mehr halten kann. Dafür gibt es mit Folge 8 „A Boy and his Dog“ die wohl beste Folge bisher zu sehen, die man sich gönnen sollte.
Zur Staffelmitte gibt es übrigens eine Szene, die noch stärker Erinnerungen an BREAKING BAD wach ruft (an die vierte Staffel, um genau zu sein), und sich dort allzu deutlich bedient. Wenn sie sich in der kommenden Staffel auf ihre eigenen Stärken besinnen, dann wird das noch ein großer Wurf – das Konzept und die Figuren haben auf jeden Fall das Potential dazu, und mit Bill Balas ein Autorentalent im Team, das man im Auge behalten sollte.
Oh come on! Was diskutiert ihr da über Sherlock angeblichen Drogenkonsum/sucht, wenn es so offensichtlich ist dass er einfach ein Raucher im Prozess des Aufhörens ist? Nikotinpflaster trägt er 24/7 und wenn irgendwer raucht oder geraucht hat dann atmet er einmal tief ein um sich so eine Dosis Nikotin zu holen.
Die BBC kann doch einen modernen Sherlock nicht sich selbst mit verbotenen Substanzen stimulieren (=leistungsfähiger machen) lassen. Doyle’s Sherlock nimmt, wenn ich mich richtig erinnere, Kokain zur (kreativen) Stimulation wenn er in einem Fall feststeckt. Kokain und Opium waren aber zu Doyle’s Zeiten mWn nicht verboten. Und Rauchen ist heutzutage eh schon evil genug.
Mit Ausnahme von Guy Ritchies Holmes ist aber diese Abhängigkeit von irgendwas elementarer Bestandteil aller modernen Sherlock-Varianten. Dr. House hat sein Vicodin und Holmes aus Elementary ist ein Ex-Junkie frisch raus aus der Entzugsklinik (habs nicht sehr lange gesehen aber mein educated guess ist, dass er natürlich kein aktiver User ist. Das wäre keine Option fürs amerikanische Publikum, oder?).
Ansonsten, unterhaltsamer Podcast! Sherlock hat sich in dem Moment für mich erledigt, als Moriarty auftauchte. Unfassbar schlecht. Meine 3-jährige Nichte hätte einen reiferen und besseren kriminellen Mastermind abgegeben als der Typ. Hoffentlich erlebt der in der 3. Staffel nicht auch eine Auferstehung von den Toten.
Bates Motel steht noch auf meiner Liste, wandern aber durch euch ein paar Stufen nach oben in der Priorität.
Was steht denn bei dir neben BATES noch an, wenn ich mal so frech fragen darf? Ich rauch in der Zwischenzeit eine. Also passiv. Über dem Kaminfeuer.
Wiedermal ein sehr schöner Podcast. Tatsächlich habe ich gehofft, ihr würdet die Miniserie „Jekyll“ besprechen, die eine sehr gelungene Neuinterpretation eines alten Stoffes darstellt – und vermutlich den Beginn der ganzen seriellen Neuverfilmungen der besprochenen Stoffe und Figuren markiert.
Mikkelsen als Hannibal finde ich sehr gut gewählt, da er einfach die nötige Präsenz für diese Figur mitbringt. Dass Mikkelsen hier nicht so agiert/ agieren kann wie in „Die Jagd“, liegt irgendwie auf der Hand.
Die größte Schwäche von „Hannibal“ ist der angesprochene Freak of the Week. Das ist dann doch 90er-Jahre-Erzählen á la „Akte X“ und gehört schnellstens abgestellt. Das hat die Serie nicht verdient.
Das größte Plus von „Bates Motel“ ist, dass Norman als völlig normaler Junge eingeführt wird, dessen Metamorphose noch bevor steht. Hanebüchen ist allerdings, dass Normans Mutter ein so altes, abgewracktes, jeglichen zeitgemäßen Mindeststandard vermissen lassendes Motel übernimmt. Das ist doch unternehmerischer Selbstmord. Wo soll das ganze Geld für die Modernisierung herkommen?
Wenn man schon die Story in die Gegenwart verlegt, hätte man auch Mut beim Motel haben und die Mutter ein deutlich moderneres übernehmen lassen müssen. So wirkt das alles leider sehr unglaubwürdig. Vermutlich dreht Norman am Ende deshalb durch, weil sie bankrott gehen und Mutter sich das Leben nimmt.
P.S.
Serielle Neuverfilmungen alter Filme und Filmhelden. „Rambo“ soll kommen, wenn auch (zum Glück?) ohne Sly.
http://www.focus.de/kultur/vermischtes/mit-sicherheit-nicht-geplante-rambo-serie-ohne-sylvester-stallone_aid_1079976.html
So hanebüchen ist das nicht, wenn man gar nicht vor hat lange dort zu bleiben – Norma Bates ist ja als ruheloser Geist eingeführt – wunderbar daher auch die Szene beim Psychologen, der einen Moment mit ihr unter vier Augen sprechen wollte (Folge 8). Schon in der ersten Folge im Auto geht aus dem Dialog zwischen Mutter und Sohn hervor, dass dies nicht ihr erster Umzug ist, und seit dem „Unfalltot“ sind schon ein paar Monate vergangen.
Mich nervte manchmal die gespielte(?) Naivität von Norma, die ihr älterer Sohn in einer der frühen Folgen zwar schön auf den Punkt bringt, diesen Drang dazu das eigene Leben zu dramatisieren… nicht alle Szenen sitzen da. Bin aber guter Hoffnung, da die Autoren ja inzwischen gesehen haben, was ihre Hauptdarsteller an Nuancen mitbringen, das sollte ihnen den nötigen Mut geben, in der zweiten Staffel noch freier mit dem Stoff und der Stadt umzugehen. Wenn’s schief geht, kann man immer noch John Rambo dort als Firestarter auftauchen lassen 🙂
PS: AKTE X hatte aber wunderbare Einzelepisoden, die sich weit vom üblichen Schema gelöst haben, einige der Vince Gilligan Episoden, sowie die ausgezeichneten Meta-Episoden von Darin Morgan seien hier als Beispiel angeführt – das wird es bei HANNIBAL nicht geben. Wissen die überhaupt wo sie damit hin wollen?
Hmm, hab’s irgendwie nicht mitbekommen, dass sie öfters umziehen. Aus meiner Sicht aber noch immer kein nachvollzieharer Grund, dieses alte Ding zu kaufen. Aber sei’s drumm.
Allerdings was mich ebenfalls verwundert, ist, dass Normans Mutter sich teilweise wie eine alte Jungfer anzieht. Schrecklich!
Hannibal wird den FBI-Typen am Ende wohl töten wollen, nachdem er – so meine Vermutung – auf Hannibals Schliche kommt. „Schön“ wäre auch, wenn man Hannibal endlich bei seinen Serienmorden zeigt, statt Folgeweis immer einen neuen Psycho zu präsentieren.
Also, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen, wird am Ende der 1. Hannibal-Staffel ja schon deutlich, woher der Wind weht, dem der Hase nachläuft (?!) -, aber eben auch nicht so simpel konstruiert wie es die Kritiker der Serie gerne unterstellen würden. Klar, läuft es auf ein Duell der beiden Prota- bzw. Antagonisten hinaus. Von der Grundkonstellation ist Hannibal auch Homeland ziemlich ähnlich – und hat in dieser Hinsicht das Potential langfristiger glaubwürdig zu sein, was diese Figuren angeht – da gerät Homeland ja doch immer mehr ins Schlingern. Was die Entwicklung angeht, meine ich gelesen zu haben, dass Fuller die Serie auf 7 (!) Staffeln angelegt hat, da ist also noch viel Zeit um zu erzählen und sicher auch mal Lecter bei der Arbeit zuzuschauen. Da es mit der Verlängerung der ersten Staffel jedoch schon knapp war (und Fuller nicht unbedingt als Showrunner mit langer „Lebenszeit“ bekannt ist) – ist es fraglich ob dieser Plan durchgezogen werden kann.
Das mit den sieben Staffeln stimmt auf jeden Fall. So jedenfalls der Plan. Ob es so lange quotenmäßig hinhaut, ist schwer abzusehen. Aus meiner Sicht muss es mehr von Hannibal zu sehen geben. In Staffel 1 hatte er weniger als 50% der Screentime. Das ist eindeutig zu wenig für eine Serie, die seinen Namen trägt.
Da wirst du womöglich lange drauf warten müssen… oder schau dir inzwischen VALHALLA RISING an, da sieht man wie bedrohlich Mads Mikkelsen als Hannibal rüberkommen könnte.
Ich find’s erstaunlich, wie weit die Meinungen hier bei „Hannibal“ auseinandergehen. Für mich gehört die Serie eindeutig zu den besten Network-Serien der letzten Jahre, auch wenn sie ohne Frage ihre Schwächen hat. Lustigerweise wurde bei all der Kritik, die geäußert wurde, nicht auf die Sachen eingegangen, die mich persönlich genervt haben: der übertriebene Score und die (mit Ausnahmen) unterentwickelten Frauencharaktere. Dhavernas‘ Figur kriegt ja zumindest gegen Ende hin noch ein wenig mehr Profil, aber diese nervtötende rothaarige Journalistin ist einfach nur furchtbar klischeehaft gezeichnet.
Dass man sich an dem Procedural-Aspekt der Serie stört, kann ich zwar nachvollziehen, weil’s mir anfangs recht ähnlich ging, allerdings gibt sich das mit der Zeit, weil viele Fälle am Ende im Grunde doch alle auf irgendeine Weise mit dem eigentlichen Geschehen zusammenhängen, sei’s auch nur thematisch. Außerdem spielen die Macher hier auch immer wieder mit der Erzählstruktur, was Abwechslung reinbringt und den Ablauf bei weitem nicht so vorhersehbar macht wie bei klassischen Procedurals. Für mich hat das auch nichts mit „die können sich nicht entscheiden“ zu tun, sondern wirkt vielmehr wie ein bewusst getroffener Kompromiss, um den man (siehe auch: Awake) offenbar kaum umhin kommt, wenn man nicht auf einem Kabelsender läuft.
Die Kritik an Mad Mikkelsens Schauspiel kann ich wiederum überhaupt nicht nachvollziehen. Zum einen aus dem Grund, den (der hier vernünftige) Jens schon erwähnt hat: weil Hannibal als der Psychopath (aber auch Psychotherapeut!), der er nunmal ist, andauernd eine Fassade aufrecht erhalten muss und sich entsprechend seine wahren Gefühle niemals anmerken lassen darf. Zum anderen setzt er sich durch sein minimalistisches Spiel aber auch (mit Sicherheit bewusst) von Hopkins‘ Lecter ab. Und die Unnahbarkeit, die dadurch zweifellos entsteht, finde ich nach acht Jahren „Dexter“, wo einem durch Harry und das Voiceover immer mit dem Holzhammer erklärt wurde, was in Dexters Serienmörder-Kopf vorgeht, eigentlich sehr erfrischend.
Und was die ganzen Dialogszenen zwischen den ganzen Psychologen in der Serie angeht, gehört das für mich mit zu den interessantesten Aspekten der Serie, was für mich vor allem damit zu tun hat, dass „Hannibal“ sich dem Thema Gewalt völlig anders nähert als andere Serien und Filme. Denn hier wird nichts glorifiziert, sondern stets hinterfragt. Klar sollen die Bilder von den ganzen Gräueltaten schocken, aber eben nicht nur um der Schockwirkung willen. Vielmehr informiert die Gewalt die Handlung, weil sich im Grunde alles um die Frage dreht, wie sich das Miterleben derartiger Gewalt zum einen auf die Psyche auswirken kann und, zum anderen, wie jemand psychisch eigentlich ticken muss, um zu sowas überhaupt fähig zu sein. Und gerade diesen psychologischen Aspekt finde ich wahnsinnig spannend und entsprechend auch die meisten Therapieszenen sehr gelungen.
Mich würde ja wirklich interessieren, auf wie vielen Folgen eure zum Teil regelrecht fragwürdigen Urteile und CSI-Vergleiche basieren. Kann mir nämlich echt kaum vorstellen, dass die Kritik so vernichtend ausgefallen wäre, wenn ihr die Staffel alle zu Ende geschaut hättet…
Ich habe nur die ersten drei Folgen von „Hannibal“ gesehen, das aber, soweit ich mich erinnere, auch im Podcast gesagt.
Marcus
„Der hier vernünftige“ Jens – dürfen wir das verwenden? Vielen Dank für diese überfällige Unterscheidung von uns beiden – also ich bin ja „der andere Jens“. Wenn der „Vernünftige“ einverstanden ist, würde ich das gerne bei behalten! (Und ich weiß auch das Wörtchen „hier“ in dem Kontext sehr zu schätzen 🙂
Nun zu deiner Frage – HANNIBAL, ein Folge gesehen, sowie Recaps vom Rest der Staffel. Zeitlich hätte ich wohl mehr geschafft, hatte aber keinen Bock mehr, das war wirklich nichts für mich. Allerdings finde ich deinen Einwurf bezüglich DEXTER sehr gelungen, davon setzt sich HANNIBAL in der Tat erfrischend ab, und ich glaube euch beiden, dass Mads im Rest der Staffel der Figur seinen Stempel aufdrückt. Ich wollte auch bis zur 8. Folge durchhalten, weil ich Tim Hunter als Regisseur sehr mag, aber die Serie hat mich nicht im Geringsten gereizt.
Wäre der Focus stärker auf der Psychologie, wie du sie beschreibst, also was das sich in den Kopf eines Mörders hinein zu versetzen für Folgen auf die eigene Psyche hat, angeht, dann würde ich mir noch ein paar Folgen mehr rein ziehen. Das klingt aber nicht danach. Oder gibt es z.B. Szenen, in denen der Kollege zunehmend Gewaltszenen visualisiert, in denen er selbst der Täter ist, und die nichts mehr direkt mit dem Fall zu tun haben, an dem sie gerade arbeiten? Also etwas in der Art, dass er sich langsam selbst in einen „Lecter“ verwandelt, der zu oft von der verbotenen Frucht genascht hat? Das wäre was…
Ich finde ja, ihr Jense (Jenser? Jensen?) solltet öfter anderer Meinung sein, dann kann man euch auf jeden Fall besser auseinanderhalten. 😉
Bei mir ist’s leider fast schon wieder ein Jahr her, dass ich die erste Staffel gesehen habe, von daher hab ich nicht mehr alles genau auf dem Schirm, aber zumindest in die Richtung, die du beschreibst, geht’s auf jeden Fall. Graham belastet die Gewalt, die ihn umgibt, mit der Zeit so sehr, dass er (SPOILER!) auch „privat“ zunehmend an dissoziativen Zuständen und Halluzinationen leidet. Und die gehen teilweise so weit, dass er irgendwann auch ein wenig an sich selbst zu zweifeln beginnt, also daran, ob er bestimmte Gewalttaten nur „geträumt“ hat oder sie womöglich selbst begangen hat. Wobei dem Ganzen am Ende leider doch auch wieder etwas an Bedeutung genommen wird, weil die Verschlimmerung seines Zustands letztlich nicht nur auf all die erlebte Gewalt, sondern auch auf etwas Physisches zurückgeführt wird. Für mich bleibt’s aber trotzdem ein sehr interessanter Weg, den man hier eingeschlagen hat. Bin gespannt, inwiefern Staffel 2 das Thema fortführen können wird.
*Physiologisches (nicht Physisches)
Oh je, das klingt interessanter als mir lieb ist… ich werde mal die ersten Recaps der zweiten Staffel abwarten, und dann entscheiden, ob es sich doch lohnt noch einzusteigen.
Auf jeden Fall merken wir uns vor, dich für einen Spezial-Podcast anzufragen, wenn wir das „Evil-Mirror-Sextett“ einspielen, dazu fehlt uns jetzt nur noch ein zweiter Marcus.
Das freut mich, dass du gleich mitdiskutierst – Hilfe für Jens. Ich bin meiner Rolle nachgekommen und habe mich über die schablonenartigen Frauenfiguren aufgeregt. Insbesondere über die Journalistin. Soweit ich weiß, fiel das nicht dem Schnitt zum Opfer. Aber irgegendwo müssen wir ja Abstriche machen, sonst diskutieren wir ja die ganze Nacht durch.
Sorry, hatte die an der Stelle wohlverdiente Schelte erst nicht mitbekommen, weil sie im „Sherlock“-Part stattfand und ich den Teil des Podcasts erst zwei Tage später gehört habe. 😉
Und wenn ihr mir so guten Grund dafür gebt, diskutier ich immer gerne mit. Gott sei Dank nicht im Podcast selbst, sonst wären eure Hörer wahrscheinlich vollends verwirrt, weil ich auch eine „Lina“ bin… 😉