Es sei eine Geschichte wie in einem dieser Hollywood-Horrorfilme, die sie erlebt habe, erzählt Jessica Day beim Vorstellungstermin in der WG ihren potentiellen Mitbewohnern. Wie eine dieser Storys, wo die junge Heldin in den Keller flüchtet, obwohl jeder Zuschauer wüsste, dass sie dort sterben werde. Nur, dass sie in ihrem Fall lediglich ihren Freund beim Seitensprung erwischt habe. Und was sei eigentlich noch mal die Frage gewesen? Ob sie Haustiere habe, antwortet einer der drei WG-Bewohner.
Die erste Sequenz der neuen FOX-Sitcom „New Girl“ gibt die Richtung vor: Hauptfigur Jess ist immer ein wenig neben der Spur, macht nie das, was man in der jeweiligen Situation für eine angemessene Reaktion halten würde. Nach all den Sitcoms über Familienbeziehungen, in denen gezeigt wird, wie cool ein Onkel sein kann oder wie jemand die Mutter seiner Kinder kennen gelernt hat, ist „New Girl“ endlich wieder eine Comedyserie über eine Gruppe ungleicher MitbewohnerInnen und Freunde. Vielleicht das „Friends“ fürs neue Jahrzehnt? Im Mittelpunkt steht die junge Lehrerin Jess, die von Zooey Deschanel gewohnt überdreht gespielt wird. Nach dem plötzlichen Ende ihrer Beziehung sucht sie übers Internet eine Mitwohngelegenheit – und landet eher unabsichtlich in einer Dreier-Männer-WG. Vor allem die Aussicht, über Jess an deren Modelfreundinnen heran zu kommen, bewegt die drei Freunde dazu, die leicht ausgeflippt wirkende Frau aufzunehmen. Was sie zunächst schnell bereuen, guckt die doch den ganzen Tag „Dirty Dancing“ und weint dabei ihrem Ex nach. Da hilft nur eins: mit der Frau ausgehen, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Aber so ein Abend kann ganz schön anstrengend werden, wenn die Begleiterin ständig öffentlich anfängt zu singen und andere komische Faxen zu machen.
Die Show steht und fällt mit ihrer Hauptdarstellerin: Wer Deschanels flippige Art mag, wird seinen Spaß haben, alle anderen wahrscheinlich schnell genervt abschalten. Dabei ist ihre Jess in ihrer Mischung aus Extrovertiertheit und Selbstzweifeln hoch sympathisch, eben kein perfekter Modeltyp wie in vielen US-Serien, sondern eine unkonventionelle junge Frau, die gerade durch ihre Unperfektheit liebenswert wirkt. Egal, ob sie beim Versuch, auf hohen Absätzen zu gehen, umfällt oder bei den unpassendsten Gelegenheiten laut zu singen beginnt. Das Klischee, Frauen könnten nicht lustig sein, widerlegt Deschanel jedenfalls in der Pilotfolge eindrucksvoll. Jess‘ neue männliche Mitbewohner sind dagegen eher normal, wenn sie natürlich auch alle ihre kleinen Macken haben. Wobei „Coach“, der auch privat gerne Menschen anschreit und rumkommandiert, schon ab der zweiten Folge durch eine andere Figur ersetzt wird. Über das Zusammenspiel des Ensembles kann also letztlich noch nicht viel gesagt werden.
Die Pilotepisode ist jedenfalls eine höchst vergnügliche und sehr sympathsich daher kommende Sitcom, die an die besten Zeiten von „Friends“ ebenso erinnert wie an neuere amerikanische Indiekomödien. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht bei längerer Laufzeit irgendwann Jess mit sämtlichen Mitbewohnern nacheinander ein Verhältnis anfängt, weil den Autoren nichts anderes mehr einfällt.