Viel schlimmer als der vorhergegangene „Star Trek“-Kinofilm „Into Darkness“ konnte es eigentlich nicht mehr werden. Denn der war je eher ein misslungenes Remake von „The Wrath of Khan“ als ein neues eigenständiges Trek-Abenteuer. Jetzt hat sich mit Justin Lin ausgerechnet der Regisseur der „Fast and Furious“-Actionfilmreihe des Franchises angenommen.
Tatsächlich fängt der inzwischen zwölfte Kinofilm einer Sternenflotten-Crew besser an als der Vorgänger: Nach drei Jahren auf Weltallmission zweifelt Captain Kirk an sich selbst und vor allem dem Sinn einer solch langen Reise in unbekannte Welten; er überlegt, sich auf einen ruhigeren Vizeadmiralsposten versetzen zu lassen. Vorher wird er mitsamt seiner Mannschaft aber zur modernsten Raumstation der Föderation beordert, wo eine Angehörige einer bislang unbekannten Rasse um Hilfe gebeten hat. Die – natürlich komplett CGI-animierten – Shots der sich in alle Richtungen windenden Station, die viel eher einer Megalopolis im All mit Wolkenkratzern und Boulevards gleicht als einem starren Metallmonstrum wie der guten alten Deep Space Nine, gehören optisch zum schönsten, was man im modernen 3D-Kino so zu sehen bekommen hat. Leider geht es dann, nachdem die Enterprise dem Hilferuf gefolgt ist, schnell mit dem Geballer los – und hört bis kurz vor Schluss der knapp zweistündigen Laufzeit im Grunde auch nicht mehr damit auf.
Der Rest der Story passt hingegen auf einen Bierdeckel: Alle jagen einem kleinen Gegenstand hinterher, der nur als McGuffin dient, die Enterprise wird in einer viel zu lang geratenen Sequenz von der wie ein Vogelschwarm agierenden Flotte des bösen Krall zerstört und die Brückenoffiziere finden sich getrennt voneinander auf einem fremden Planeten wieder. Dort entdecken sie zum Glück ein anderes Schiff und am Ende kämpfen dann noch mal die Guten und die Bösen gegeneinander um die Raumstation. Zwischendurch darf Kirk mitten in der Schlacht auch ein bisschen Motorrad fahren, denn zufälligerweise stand eines auf der Brücke des seit 100 Jahren verschollenen Schiffes herum. Nicht erst hier merkt man deutlich, dass der Regisseur der Autocrash-Reihe „Fast and Furious“ auf dem Regiestuhl saß.
Den Überblick verloren
Alles, was „Star Trek“ ursprünglich einmal ausgemacht hat, der philosophisch-humanistische Grundansatz, das Zusammenspiel der unterschiedlichen Charaktere, ist fast vollständig auf der Strecke geblieben. Wie soll das auch noch in einen Sommerblockbuster auf modernstem technischen Niveau passen, in dem für Dialoge kaum noch Platz ist? Natürlich dürfen sich Spock und Dr. McCoy ein bisschen kabbeln, so viel Fanservice muss sein. Ansonsten sind die Figuren aber im Grunde völlig austauschbar; würde nicht ab und zu ein vertrauter Name oder mal das Wort Romulaner fallen, könnte dies auch ein x-beliebiger anderer Action-SF-Film sein.
Auch die generischen Actionsequenzen langweilen schnell, zumal es schwer fällt, überhaupt den Überblick zu behalten, wer gerade gegen wen kämpft und aus welcher Richtung ein Schuss oder Schlag kommt. Im Vergleich wird die Brillanz der Inszenierung und des Schnitts des jüngsten „Star Wars“-Films erst richtig deutlich: Dort waren die Kämpfe und Verfolgungsjagden trotz aller Schauwerte immer so in Szene gesetzt, dass man jederzeit das Geschehen mitverfolgen konnte. „Star Trek Beyond“ reiht sich hingegen in den Trend neuerer Action-Blockbuster ein, die viel zu schnell und unübersichtlich geschnitten sind, um daran noch Spaß haben zu können – zumindest, wenn man älter als 25 ist. Aber ältere Trek-Fans dürften mit diesem Film sowieso wenig anfangen können.
Eine verspielte Chance
Dabei hatte doch 2009 alles so vielversprechend angefangen, als J.J. Abrams mit dem ersten Trek-Abenteuer der verjüngten Crew das Franchise aus dem Scheintod wachküsste: Die Charakterisierungen waren gelungen, die Schauspieler durchweg gut und auch die Story stimmte. Was danach folgte, ist eine der großen verspielten Chancen der jüngeren Filmgeschichte. Im dritten Teil bekommen die Schauspieler im Grunde nichts zu tun, was schauspielerische Fähigkeiten erfordert, der dürftigen Story gelingt es nie, Dramatik oder emotionale Involviertheit zu erzeugen, statt origineller Ideen gibt es mal wieder einen generischen Bösewicht mit kaum nachvollziehbarer Motivation. Warum man den mit Idris Elba besetzt hat, bleibt rätselhaft, da man den tollen „The Wire“- und „Luther“-Schauspieler bis auf eine Rückblende hinter seiner Maske sowieso nicht erkennen kann. Als Drehbuchautoren dienten übrigens der unvermeidliche Simon Pegg und Doug Jung, der vor allem die TNT-Actionserie „Dark Blue“ als Referenz vorzuweisen hatte.
Gerade eine Filmreihe würde ja auch Möglichkeiten bieten, im Kino wie im aktuellen Fernsehen serieller zu erzählen, Figuren und ihre Beziehungen zueinander weiterzuentwickeln. Dazu bleibt aber keine Zeit, wenn es 100 Minuten lang immer irgendwo krachen muss. Die Hoffnung, dem „Star Trek“-Franchise auch inhaltlich wieder Leben und Tiefe zu geben, lastet jetzt auf Bryan Fuller. Der kann im Herbst beweisen, dass Hollywood die besseren Geschichten längst im Fernsehen erzählt.
„Star Trek Beyond“ startet am Donnerstag, den 21. Juli, in den deutschen Kinos.