Chroniken kreativer Welten: Comicmagazin „Schwermetall“ als TV-Serie

Unter dem Titel „Schwermetall“ finden die fantastischen Geschichten des Comic-Magazins Métal Hurlant als französische Serie ab dem 28. November ihren Weg ins deutsche Pay-TV.

Von Marcus Kirzynowski

Nur echt mit heißen Frauen: Freizügige Kämpferinnen gehören bei „Schwermetall“ einfach dazu

Lange vor den Fernsehserien von HBO und Showtime gab es bereits ein anderes Medium, das auf dem Weg zum „Erwachsenwerden“ unter anderem auch auf nackte Haut und exzessive Gewaltdarstellung setzte: den Comic. In Frankreich ist dessen Weg von der leichten Unterhaltung für Kinder zum ernstzunehmenden Medium auch für Erwachsene untrennbar mit einem Namen verbunden: Métal Hurlant. Als im Januar 1975 die erste Ausgabe der Zeitschrift erschien, hatte man so etwas noch nie auf Comicseiten gesehen: überbordende, alle Panelgrenzen sprengende Bilderwelten, gespickt mit fantastischen Monstern und barbusigen Amazonen. Hinter dem Magazin standen die Künstler Jean Giraud alias Moebius, Philippe Druillet und Jean-Pierre Dionnet, dazu der spätere Filmproduzent Bernard Farkas. Sie hatten dafür extra den Verlag Les Humanoides Associés gegründet.

Moebius prägte die Zeitschrift mit seinen fantastischen Science-Fiction-Geschichten  wie „Arzach“ oder „The Long Tomorrow“ und revolutionierte damit nebenbei den französischen Comic, viele Mitstreiter und Schüler folgten. Métal Hurlant brachte es bis 1987 auf 133 Ausgaben, bevor es eingestellt und 2002 noch einmal kurzzeitig wiederbelebt werden sollte. In den USA startete 1977 unter dem Titel Heavy Metal die amerikanische Ausgabe des Magazins, die bis heute erscheint. Auch in anderen Ländern gab es Lizenzversionen: Neben einer schwedischen und niederländischen Ausgabe erschien von 1980 bis 1999 immerhin knapp 20 Jahre lang das deutsche Schwermetall.

Bereits 1981 setzte Produzent Ivan Reitman das Magazinkonzept erstmals filmisch um. Der „Heavy Metal“-Film adaptierte mehrere Geschichten aus dem Heft in Form eines animierten Episodenfilms, unterlegt mit einem Soundtrack mit Songs von Hardrockbands wie Black Sabbath. 2000 folgte mit „Heavy Metal: FAKK 2“ ein zweiter Animationsfilm, der allerdings eine durchgängige Geschichte erzählte. Das hatte ebenso wie der Zeichenstil nicht mehr viel mit dem Magazin zu tun, sondern hätte genauso gut ein beliebiger Anime sein können.

Schon länger gab es Gerüchte über eine Umsetzung von Métal Hurlant fürs Fernsehen, die nun am 28. November auch im deutschen Pay-TV startet. Während der damalige Schwermetall-Chefredakteur vergeblich versuchte, den deutschen Verleiher des „Heavy Metal“-Films zu überzeugen, ihn unter dem deutschen Magazintitel ins Kino zu bringen, laufen die „Métal Hurlant Chronicles“ nun bei Animax tatsächlich als „Schwermetall“. Und das, obwohl das Heft bei uns schon seit 13 Jahren eingestellt ist. Anders als bei den Kinofilmen haben die diesmal aus dem Herkunftsland des Muttermagazins stammenden Produzenten der TV-Serie das Konzept in Form einer Live-Action-Serie umgesetzt. Beibehalten wurde der Chronik-Charakter: Jede Folge erzählt eine unabhängige Geschichte, die jedes Mal in einer anderen Welt spielt. Auch die Genres wechseln: SF, Fantasy, Horror und Kombinationen davon.

Ähnlich wie im ersten Kinofilm sorgt ein runder Gegenstand für eine Rahmenhandlung: Statt einer grünen Kugel ist es diesmal ein metallener Meteorit eines untergegangenen Planeten, der Zeiten und Welten miteinander verbinden soll. Außer im Vorspann macht sich das aber wenig bemerkbar. Mit Pierre Spengler („Superman“ I-III) setzen die französischen WE Productions bei der Produktion der jeweils rund 25-minütigen Episoden auf einen Veteranen. Auch bei den Schauspielern sind bekannte Namen wie Rutger Hauer und Joe Flanigan („Stargate Atlantis“) vertreten.

Klaustrophobisches Kammerspiel: Michelle Ryan und ihr Häscher James Marsters in „Shelter“; Fotos: WE Productions/Animax

Leider hinterlässt gleich die erste Episode „King’s Crown“ eher einen ratlosen Eindruck: Nach einer Kurzgeschichte von Altmeister Richard Corben entwirft sie mit Hilfe von viel CGI eine feudal-mittelalterliche Welt, allerdings mit Robotern. Mutige Recken müssen sich in blutigen Zweikämpfen messen, um den Nachfolger des sterbenden Königs zu ermitteln. Die wurden im Stil der „300“-Verfilmung inszeniert, sehen auf Grund des geringen Budgets jedoch recht billig aus. Auf der Strecke blieben dabei leider die Dialoge, die eher an „Alarm für Cobra 11“ erinnern als an zeitgenössische internationale SciFi-Serien wie „Battlestar Galactica“. Die Dia- oder besser Monologe sind in der zweiten Folge, die zwei Endzeitszenarien zusammenfasst, zwar besser, aber auch hier wirkt die Mischung aus CGI-Action und in Ansätzen kritischer SF eher bemüht-unausgegoren.

Dass die Reihe durchaus Potential hat, zeigt hingegen die Episode „Shelter“: Eine junge Frau („Bionic Woman“ Michelle Ryan) erwacht in einem Luftschutzbunker, in den ihr zwielichtiger Nachbar sie verschleppt hat – angeblich nach einer Warnung vor einem Atomangriff. Die Episode ist ein beklemmendes Kammerspiel, das bis auf die Schlusssequenz ganz ohne CGI und Special Effects auskommt. Die Produzenten wären gut beraten, sich eher auf solche Geschichten zu konzentrieren, da sie den fantastischen Settings vieler Comics aus Métal Hurlant mit ihren kargen TV-Budgets ohnehin kaum gerecht werden können. Mit bissig-pointierten Beiträgen wie „Shelter“ könnten sie zumindest nette Unterhaltung für Zwischendurch bieten, auch wenn die kreative Kraft der Comics wohl den Originalen vorbehalten bleibt. 

„Schwermetall“ läuft ab 28. November mittwochs um 20 Uhr 15 auf Animax.

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