Bevor im Winter Staffel 3 im Fernsehen anrollen soll, strahlt der ORF noch einmal die ersten beiden aus. In der zwölften Folge erfahren wir, was der metaphernlastige Cliffhanger des Staffelauftakts zu bedeuten hat, Efe macht einen auf Rambo, und Tina stößt sich ihre Hörner auf der Suche nach einem angeblich imaginären Kind ab.
„Koide Oide“ ist eine Folge, die sich strecken und dehnen muss, um all ihre Ziele zu erfüllen. Es ist beispielsweise die einzige Folge im „CopStories“-Oeuvre, die nicht an einem einzigen Tag spielt – dass Roman am selben Tag vom Krankenhaus entlassen wird, an dem er aufwacht, und dann auch noch in die Arbeit rollt, würde doch weit hergeholt wirken. Auch nicht ganz aufbereitet wirkt die plötzliche Romanze zwischen Altan und Leila – da gab es vielleicht mal einen Blick oder zwei in den vorherigen Fällen, aber es ist doch recht offensichtlich, dass sich die Autoren das für die zweite Staffel eigens zusammengedacht haben, ohne diese Entwicklung vorher gesät zu haben. Warum „CopStories“ Leila und Altan in solch Windeseile zusammenbringt, bleibt die Serie vorerst schuldig, authentisch wirkt es jedenfalls nicht. Das ist schade, weil die Beiden ja tatsächlich gut zusammenpassen.
„Cool, Efe!“
Ähnliches kann man leider von Efes Rambo-Aktion sagen. Einerseits handelt es sich dabei um die dramatischste Storyline der Serie, andererseits parodiert sich „CopStories“ mit Efes Verhalten beinahe selbst. Dass Efe nicht die hellste Glühbirne ist, hat schon Staffel 1 klar gemacht, aber die schusssichere Weste als zu „schwul“ abzutun, nur um nachher blindlings auf die Drogenhändler loszustürmen, spielt schon in seiner ganz eigenen Liga von Dummheit. Auch die Präsentation trägt das Ihrige bei: Wenn Efe wie wild in die Luft ballert und das mit einem „Cool, Efe!“ von einem der umstehenden Gangster quittiert wird, wirkt das einfach lachhaft, im wahrsten Sinne des Wortes – witzig für eine Comedy-Serie, im ernstesten Fall von „CopStories“ aber reichlich fehl am Platz. Efe sorgt für die komödiantischen Highlights der Folge, aber leider geht das auf Kosten der Glaubwürdigkeit und Integrität der Figur und damit auch der gesamten Handlung.
Dass er nicht dazuzulernen scheint, obwohl „Bist du deppert„, das Staffelfinale der ersten zehn Folgen, noch darauf hinzuleiten schien, ist ebenfalls ein wenig frustrierend, wenn auch nachvollziehbar: Efe scheint schlichtweg die falsche Lektion aus der Sache gelernt zu haben, nämlich, dass er jetzt solche Sachen mit mehr Engagement selbst in die Hand nehmen soll. Die umstehenden Figuren – Dogan, Altan, sogar Hamit! – nehmen das scheinbar mit entsprechendem Kopfschütteln hinter Efes Rücken zur Kenntnis. „CopStories“ schreitet also ganz bewusst diesen Weg, tut sich damit aber nicht unbedingt einen Gefallen.
Das ist insbesondere deshalb enttäuschend, weil die gewaltsame Konfrontation mit den Drogenhändlern eine der besten Action-Szenen der Serie ist (wobei der Maßstab natürlich hier niedrig ist, amerikanische Serien haben da einfach meist die Nase vorn). Auch wenn die Geschichte rund um Dogan, Altan und Efe in Staffel 2 mit all den Maschinengewehren merklich überzogen wirkt, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Serie da ein starkes Vorwärtsmomentum beweist. Efes Verletzung ist ein weiteres Kapitel dieser Saga, das neue Konsequenzen für die nächsten Episoden mit sich bringen wird, vielleicht diesmal auch für Efes Charakter- und das ist auf jeden Fall spannend.
Kurzweiliges Geschnatter
Ansonsten macht „CopStories“ das, was es immer macht: kompetent seine kleineren Geschichten erzählen. Roman hat überlebt – inwiefern ein Sprung vom Dach ein Sprung ins Leben sein soll, bleiben die Autoren zwar schuldig, aber sei’s drum: Romans Geschichte kommt in „Koide Oide“ nach vielen Andeutungen endlich ins Rollen. Und das klappt wunderbar: Weil Roman dank seines Unfalls noch intensiver bemuttert wird als vorher, drängt es ihn endlich in die entgegengesetzte Richtung. Auch bei Florian tut sich was, auch wenn sich „CopStories“ noch bedeckt gibt, was der ominöse Anruf der Kindergärtnerin zu bedeuten hat.
Im Fall um das vermisste Kind der Frau Lee lotet die Serie erneut die feinen Unterschiede zwischen Tina und Leila aus – erstere ist fast ein wenig zu gutgläubig und idealistisch, löst aber dann doch den Fall im Alleingang. Besonders schöner Moment dabei: Bergfeld trägt Tina auf, Frau Lee mit der „Wahrheit“ zu konfrontieren – einerseits, weil er damit Tina sich mit ihrer Leichtgläubigkeit auseinandersetzen lässt, andererseits weil er es ihr zutraut, dadurch womöglich tatsächlich einen nützlichen Hinweis zu finden. Bergfelds Rolle ist minimal, und trotzdem hinterlässt uns die Folge mit dem Gefühl, diesen Mann nun besser zu kennen.
Obwohl „Koide Oide“ also gerade mit Efes Verwundung (und ein wenig auch der kuriosen Begegnung zwischen dem Staatsanwalt und der Stadträtin) den Haupthandlungsstrang weiterführt, treten die meisten anderen Figuren auf der Stelle. Fälle wie jener von Lukas und Eberts sind zwar recht interessant, bringen aber auf lange Sicht weniger, so originell der Fall auch sein mag. Kurzweilig ist er aber dennoch, einfach weil „CopStories“ den Dreh mit den Dialogen raus hat – das Geschnatter der Polizisten fühlt sich, nicht nur in dieser Szene, in jeder Hinsicht an wie eines von alten Bekannten und kann dadurch auch mit ein paar Lachern und Schmunzlern aufwarten. „CopStories“ kann zwar nicht auf einen überzogen-„lustigen“ Handlungsstrang verzichten (die zwei Streithähne sind leider nicht sehr authentisch), zeigt aber, dass auch ohne solch Einlagen genug Witz vorhanden ist.
„CopStories“ Staffeln 1 und 2 werden seit dem 7. Juli jeden fußballfreien Dienstag um 21.05 Uhr auf ORFeins ausgestrahlt. Danach sind die Folgen jeweils für sieben Tage in der ORF-TVthek (auch weltweit) verfügbar. Beide Staffeln sind als DVD erhältlich.