Die Toten kehren (schon wieder) zurück: ABCs „Resurrection“ ab heute bei VOX

Was würdest du tun? Jacob (Landon Gimenez), Agent Bellamy (Omar Epps) und Dr. Maggie Langston (Devin Kelley); Fotos: ABC Studios

Ausgerechnet das zeitlose Thema Auferstehung ist aktuell einer der heißesten Trends im internationalen Fernsehgeschäft. Der Erfolg  der französischen Serie „Les Revenants“ zog nicht nur das amerikanische Remake „The Returned“ nach sich. Zuvor kam schon eine Variante, die heute Abend endlich in Deutschland startet.

Das im März 2014 auf ABC angelaufene und nach der zweiten Staffel wegen stark gesunkener Quoten leider schon wieder abgesetzte Drama „Resurrection“ basiert auf einem Roman von Jason Mott, der ebenfalls „The Returned“ heißt. Ansonsten habe ihre Serie aber nichts mit der französischen zu tun, versichern die Macher, sie hätten sich diese nicht einmal angeschaut. Dabei ist die Grundidee die gleiche und auch sonst sind die Parallelen auffällig, aber vielleicht liegen diese bei solch einem universellen Thema auch einfach auf der Hand.

„Resurrection“ beginnt mit einer beeindruckenden Szene: Ein achtjähriger weißer Junge erwacht in einem Reisfeld und hat keine Ahnung, wie er dorthin gekommen ist. Als die Kameraeinstellung sich erweitert, sehen wir ein Bergpanorama und fremdländisch anmutende Vegetation – Amerika scheint dies nicht zu sein. In einem Dorf trifft der kleine Jacob auf Menschen; es sind Chinesen, keiner spricht Englisch. Einige Tage später bricht J. Martin Bellamy (Omar Epps), ein Agent der US-Zoll- und Immigrationsbehörde auf, um den Jungen nach Arcadia, einer Kleinstadt in Missouri, zu bringen. Da Jacob nicht spricht, ist der Name des Sportteams auf seinem T-Shirt der einzige Hinweis darauf, dass Arcadia seine Heimatstadt sein könnte. Dort angekommen, erkennt Jacob sofort sein Elternhaus. Konfrontiert mit der Frage, ob er einen etwa achtjährigen Sohn habe, fragt der Hausbesitzer, Henry Langston (Kurtwood Smith), ob Bellamy sich einen schlechten Scherz erlaube. Sein Sohn sei vor 32 Jahren ertrunken. Trotzdem erkennt Jacob den Rentner sofort als seinen Vater und auch Henrys Ehefrau Lucille (Frances Fisher) traut ihren Augen nicht.

Die Wiederentdeckung der Langsamkeit

Der Junge sieht aber nicht nur exakt so aus wie der verstorbene Jacob, wie alte Fotos beweisen, sondern erinnert sich auch genau an alles, was vor drei Jahrzehnten geschah – an die Zeit danach hat er hingegen keinerlei Erinnerung. Während Lucille schnell bereit ist, bedingungslos zu akzeptieren, dass ihr geliebter Junge ihr zurückgegeben wurde, ist Henry deutlich distanzierter. Und auch auf andere Einwohner der Kleinstadt hat die unerklärliche Rückkehr emotionale Auswirkungen. Unterdessen versucht Bellamy herauszufinden, was wirklich passiert ist. Und es dauert nicht lange, bis der zweite Tote wieder höchst lebendig vor der Tür steht.

Was an „Resurrection“ zunächst überrascht, ist die Langsamkeit und Ernsthaftigkeit, mit der Serienschöpfer Aaron Zelman seine Geschichte entfaltet. Das hat man so in aktuellen Produktionen der großen US-Networks schon lange nicht mehr gesehen, in denen schon seit Jahren alles auf vordergründige Effekte und oft künstliche Dramatik gebürstet wird, um auch ja keine Zuschauer zum Abschalten zu bewegen. Das gedrosselte Tempo erinnert hier schon fast an die gefeierten „Qualitätsserien“, mit denen Kabelsender wie HBO oder AMC von sich reden machen. Actionszenen sucht man hingegen in der Auftaktfolge vergeblich, erst in der zweiten gibt es eine ganz kurze. Deutlich mehr als für die übernatürlichen Elemente ihrer Erzählung – die Fragen des Wie, Woher und Warum – interessieren sich die Autoren für die emotionalen Konsequenzen – das „Was wäre, wenn“. Wie reagieren die Angehörigen, wenn ihre vor Jahren gestorbenen Kinder, Elternteile oder Freunde plötzlich wieder vor ihnen stehen? Und was löst es in den Rückkehrern selbst aus, wenn sie erfahren, dass sie tot waren? Auch das ist eine starke Ähnlichkeit zu „Les Revenants“.

Vom „Club der toten Dichter“ nach Arcadia

Im Gegensatz zu dessen kleinem Victor sind Jacobs Eltern noch am Leben. Zum Glück, nicht nur für den Jungen, sondern auch für uns Zuschauer. Sie sind nämlich mit hervorragenden Schauspielern besetzt, deren Gesichter man aus zahlreichen, meist kleineren TV- und Filmrollen kennt, ohne sie immer konkret zuordnen zu können. So war Kurtwood Smith etwa der strenge Vater des jungen Robert Sean Leonard im „Club der toten Dichter“, aber auch einer der Väter in „Die wilden Siebziger“. Francis Fisher war in Filmen wie „Erbarmungslos“ oder „Titanic“ zu sehen. Es ist großartig, beide endlich einmal in Serienhauptrollen zu erleben. Mit ihrem leisen, zurückgenommenen Spiel werten sie die Serie deutlich auf, die auch sonst überzeugend besetzt ist (etwa mit Kinderdarsteller Landon Gimenez). Der als Identifikationsfigur dienende Omar Epps („ER“, „Dr. House“) bleibt bisher noch am blassesten. Als Eye-Candy ist Devin Kelley als junge Ärztin Gail (und Jacobs Tante) dabei, die aber zumindest nicht so übertrieben attraktiv wirkt wie die Schauspielerinnen in vielen anderen neueren Network-Serien.

Subtiles Charakterschauspiel: Francis Fisher und Kurtwood Smith als Lucille und Henry Langston

Was „Resurrection“ im Vergleich zu den „Revenants“ fehlt, ist die unwirklich-entrückte Atmosphäre der abgeschiedenen Alpengemeinde. Arcadia wirkt deutlich normaler, geerdeter, eben wie eine typische US-Kleinstadt im Mittleren Westen. Die faszinierenden Bilder und mystische Grundstimmung der Franzosen erreichen die Amerikaner deshalb nicht. Etwas unglaubwürdig wirkt zudem, dass die Angehörigen gar nicht erst versuchen, die Auferstandenen zu verstecken, sondern sie gleich mit zum Fußball oder in die Kirchengemeinde nehmen. Solche Prämissen glätten die Serie unnötig ab. Sonst machen die Produzenten um die Showrunner Michele Fazekas und Tara Butters aber vieles richtig. Sie verlieren sich weder in religiösem Kitsch noch in oberflächlichen Konflikten, sondern beleuchten einfühlsam und nachvollziehbar die widerstreitenden Gefühle ihrer Protagonisten. Stellvertretend für die Zuschauer müssen sich diese die Frage stellen, ob sie die Trauer um ihre verstorbenen Liebsten verraten, wenn sie die Rückkehrer akzeptieren. Über die Masse der jüngeren Networkdramen ragt die Serie damit in Anspruch und Umsetzung meilenweit hinaus. Vielleicht ist das Mainstreampublikum in den USA so was aber auch schon nicht mehr gewohnt. Während der im gleichen Jahr nachgeschobenen zweiten Staffel ging ein Großteil der Zuschauer verloren, was die Absetzung bedeutete – obwohl sie qualitativ das Niveau halten konnte.

VOX zeigt beide Staffeln ab dem heutigen Montag um 21 Uhr 15.

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