Griechische Schlachtplatte, zweiter Gang: „300: Rise of an Empire“

Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird: Eva Green als Artemisia; Fotos: Warner Bros.

Einer der umstrittensten Kinofilme der vergangenen zehn Jahre hat eine späte Fortsetzung bekommen. Statt zu Lande bekämpfen sich Griechen und Perser diesmal in gewaltigen Seeschlachten. Und obwohl Zack Snyder diesmal nur noch als Produzent und Koautor an Bord ist, lassen einen die Bilder einmal mehr Augen und Münder vor Staunen aufreißen.

Als Snyders „300“, die Verfilmung des gleichnamigen Comics von Frank Miller, 2007 in die deutschen Kinos kam, reagierten die meisten professionellen Kritiker mit Unverständnis. Mindestens Gewaltverherrlichung, wenn nicht gar Faschismus, warfen sie dem Film vor. Das lag zum Teil am fragwürdigen Menschenbild der spartanischen Protagonisten (das sich weder Miller noch Snyder ausgedacht haben dürften), hauptsächlich aber an der ungewöhnlichen Bildästhetik, die viele zu sehr an Leni Riefenstahl erinnerte. Sieben Jahre hat es gedauert, bis der ökonomisch sehr erfolgreiche Film fortgesetzt wurde. Das mag auf den ersten Blick lang wirken, jedoch sollte man bedenken, dass Millers Comicfortsetzung (oder -prequel) „Xerxes“ noch gar nicht erschienen ist. Trotzdem diente sie als Vorlage für „Rise of an Empire“, dessen Drehbuch Snyder wieder gemeinsam mit Kurt Johnstad verfasst hat. Den Regiestuhl überließ er hingegen wegen Zeitmangels („Man of Steel“ musste schließlich auch noch gedreht werden) Noam Murro, der bis vor kurzem hauptsächlich als Werbeclipregisseur sein Geld verdiente. Das alles sorgte nun nicht unbedingt dafür, dass man an den zweiten Teil allzu große Erwartungen hatte, selbst wenn man den ersten mochte.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Falsch gemacht hat Murro eigentlich nichts. Statt die Vorgeschichte des größenwahnsinnigen „Gottkönigs“ Xerxes I. in den Mittelpunkt zu stellen, wie ursprünglich angekündigt, schildert der Film überwiegend eine Handlung, die sich parallel zu der Schlacht der 300 in den Thermophylen abspielte: Der Athener Feldherr Themistokles (Sullivan Stapleton) versucht mit seinen Mannen, die persische Seearmada unter dem Kommando der durchtriebenen Artemisia (Eva Green) aufzuhalten. Das führt zunächst zu einer verheerenden Niederlage, die aber zusammen mit dem Opfertod der 300 Spartaner die anderen griechischen Stadtstaaten gegen die Invasoren vereint. In der entscheidenden Seeschlacht von Salamis stehen sich Themistokles und Atemisia dann schließlich auch Auge in Auge gegenüber.

 

Wie sein Vorgänger beruht auch der zweite Teil weitgehend auf historischen Ereignissen, wobei die Figuren wieder literarisch überhöht werden. Insbesondere Xerxes (Rodrigo Santoro) erscheint dabei eher als mystische Witzfigur denn als Mensch aus Fleisch und Blut. Zum Glück wird er aber schnell eher zur Nebenfigur, der Fokus liegt auf den ungleichen Kommandanten der Seeflotten. Während Stapleton (bekannt aus der Cinemax-/Sky1-Kriegsserie „Strike Back“) etwas zu blass bleibt, überzeugt Green (die Vesper Lynd aus „Casino Royale“) als ebenso blutrünstige wie erotische Oberkriegerin auf ganzer Linie. Zusammen mit Lena Headey, die ihre Rolle als Spartanerkönigin Gorgo wieder aufnimmt, sorgt ihr Schauspiel – auch dank der herrlichen britischen Akzente – fast schon für shakespear’sche Dimensionen. Und wann bekommt man schon einmal einen Mainstream-Actionblockbuster zu sehen, in dem gleich zwei Frauen die stärksten Rollen haben?

Headeys erneuter Auftritt wirft natürlich interessante Vergleiche zu „Game of Thrones“ auf (wie in der dortigen mittelalterlichen Welt sprachen auch im antiken Griechenland anscheinend alle mit englischen Akzenten, unter anderem gehört auch noch Jack O’Connell, der Cook aus „Skins“, zur Besetzung). War sie beim Dreh von „300“ noch weitgehend unbekannt, wurde sie danach durch ihre Titelrolle in der leider nur kurzlebigen „Terminator“-Serie „The Sarah Connor Chronicles“ (2008/09) und endgültig als Cersei Lennister in der HBO-Serie weltweit bekannt. Während sie dort meist nur reden und ihre Intrigen spinnen darf, sieht man sie hier endlich einmal auch in Aktion. Überhaupt wirkt der Film wie ein Gegenentwurf zu der Fantasyserie mit ihren endlosen Palavern. Und auch wem in der neuen Piratenserie „Black Sails“ zu viel geredet wird, dürfte hier auf seine Kosten kommen.

Wo soll man zuerst hinschauen?

Von den 110 Millionen US-Dollar Produktionsbudget dürfte der größte Batzen in die CGI geflossen sein – und wie schon im ersten (nur gut halb so teuren) Film sieht man davon jeden Cent auf der Leinwand. Während sich die Gegner im Vordergrund gegenseitig die Köpfe ein- und abschlagen, sind die Hintergründe mit malerischen Meerespanoramen und detaillierten Schiffen gefüllt, so dass man oft gar nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll. Auch die Totalen von Xerxes‘ Palastvorplatz oder vom brennenden Athen hat man so noch nicht zu sehen bekommen. Gleiches gilt für die von oben „gefilmten“ Totalen der Seeschlachten selbst – mag dem Film auch die visuelle Innovation seines Vorgängers (naturgemäß) fehlen, so erinnert er einen doch des Öfteren daran, für was das Kino ursprünglich einmal erfunden wurde. Im Gegensatz zu den meisten modernen Action-Blockbustern schafft dieser es aber darüber hinaus auch tatsächlich, einen zu fesseln. Man mag über die ausufernden Massakrierungsbilder denken, was man will: Kalt lassen einen diese Schlachten nicht. Das mag daran liegen, dass es hier wirklich um etwas geht. Während etwa in Snyders „Man of Steel“ die halbe Innenstadt von Metropolis (= Manhattan) von den Übermenschen in Schutt und Asche gelegt wird, ohne dass es auch nur einen toten Menschen zu sehen gibt, schert sich „Rise of an Empire“ nicht um Pietät oder Altersfreigaben. Hier geschieht den Soldaten, was Soldaten in Kriegen eben so passiert: Sie sterben und zwar nicht auf angenehme Weise.

Die eigentliche Story fällt gegenüber der visuellen Umsetzung eher dürftig (und auf Grund des Versuchs, gleichzeitig die Vorgeschichte, eine Parallelhandlung und eine Fortsetzung des ersten Teils zu erzählen, auch etwas wirr) aus. Es gelingt ihr aber zumindest, die Handlungen der wichtigsten Figuren nachvollziehbar zu motivieren und den Zuschauer in die Ereignisse zu ziehen. Viel mehr kann man von einem Actionfilm wohl nicht erwarten. Und auch wenn man über die Mittel streiten kann, lässt sich gegen die Aussage (die die gleiche ist wie im ersten Teil) nicht viel sagen: „Besser für die Freiheit sterben als in Sklaverei zu leben.“ Dass der echte Themistokles einige Jahre, nachdem er zum Helden geworden war, bei seinem eigenen Volk in Ungnade fiel und sogar zu den einst gehassten Persern überlief, verschweigt der Film dann allerdings. Aber vielleicht heben sich Snyder & Co. diesen Teil der Geschichte ja auch nur für einen dritten Teil auf. Wenn der das visuelle und schauspielerische Niveau halten könnte, spräche wenig dagegen.

Der Film startet am 6. März in den deutschen Kinos.

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