Er war der erfolgreiche, aber problemgeplagte Schönheitschirurg in der F/X-Serie „Nip/Tuck“. Für seine neue Serie „Unforgettable“ kehrte Dylan Walsh dem Kabelfernsehen den Rücken zu. In der Cop-Show des US-Networks CBS spielt er den Leiter einer Kripoeinheit und Ex-Freund der Heldin, die über die Gabe verfügt, nichts vergessen zu können. Im torrent-Interview spricht Walsh über die Vorteile einer Mainstreamserie, die Wirkung von „Nip/Tuck“ und die Unterschiede zwischen der Arbeit fürs US-Kabel- und Networkfernsehen.
Nachdem Sie sechs Staffeln lang eine Hauptrolle in „Nip/Tuck“ hatten, sind Sie letztes Jahr mit einer Stammrolle in „Unforgettable“ ins Fernsehen zurückgekehrt. Was reizte Sie an der Figur des Lt. Al Burns oder an dem Konzept der Show, dass Sie die Rolle angenommen haben?
Der Hauptgrund war, dass die Rolle komplett anders war als die, die ich in „Nip/Tuck“ gespielt habe. Al Burns ist ein Cop, ein „men’s man“: Er redet anders, er geht anders. Der Kontrast zu meiner Figur in „Nip/Tuck“ war sehr groß.
Und irgendetwas, was Sie an dem Konzept der Serie anzog?
Man weiß vorher nie, wie eine Serie letztendlich tatsächlich aussehen wird. Der Inhalt ist immer ein großes Rätsel, da man als Schauspieler vorher lediglich das Drehbuch der Pilotfolge zu sehen bekommt. Deshalb interessiert mich im Grunde nur, ob die Figur interessant ist, ob ich mir vorstellen kann, mit ihr viel Zeit zu verbringen. Über den Rest denke ich nicht viel nach. Bei „Unforgettable“ fand ich es darüber hinaus schön, wieder in New York arbeiten zu können, wo ich meine Karriere begonnen habe.
Wie sehen Sie ihre Rolle in der Serie? Ist es mehr eine unterstützende Rolle für die Carrie Wells-Figur wie in der Pilotfolge oder entwickelt sie sich während der Serie?
Die Zuschauer werden Al Burns durchaus im Laufe der Serie besser kennenlernen, aber es ist schon eine unterstützende Rolle. Die Show dreht sich hauptsächlich um Carrie Wells, die Figur von Poppy Montgomery. Aber wir erfahren auch mehr über die anderen Figuren, dadurch dass wir Ihnen bei der Arbeit zusehen und dadurch, wie sie diese Arbeit verrichten.
Der Schwerpunkt unseres Magazins liegt auf Fortsetzungsserien mit einer komplexen Erzählstruktur. Ich glaube, „Unforgettable“ ist mehr ein Procedural, aber es hat außerdem eine Hintergrundgeschichte über Carries Schwester, die ermordet wurde, als beide noch Kinder waren.
Auch Procedurals versuchen in letzter Zeit, sich weiter zu entwickeln. Sie setzen dazu das Privatleben der Hauptfiguren ein, um mehr Tiefe zu bekommen. Der Story-Arc über Carries Schwester verläuft über die gesamte erste Staffel. So etwas hat man früher bei „CSI“ oder „Law & Order“ nicht gesehen, das wäre nicht vorstellbar gewesen. In der letzten Folge der ersten Staffel versuchen wir, den Handlungsbogen zu schließen. Wir werden erfahren, was sich damals mit Carries Schwester zugetragen hat.
Wird es dann in Staffel 2 einen neuen Story-Arc geben, falls die Serie verlängert wird?
Das entscheiden dann die Autoren.
„Nip/Tuck“ war ja sehr explizit in der Sprache, aber auch in der Darstellung von Sex und Gewalt. Das ist in einer Network-Serie wie „Unforgettable“ nicht möglich. War es schwierig für Sie, sich an diese Einschränkungen zu gewöhnen oder können die auch eine Chance für einen Schauspieler sein?
Für mich war es eine echte Befreiung, eine Network-Show zu machen. „Nip/Tuck“ hatte die Möglichkeit, Dinge zu erkunden und auszuprobieren, die eine Network-Serie nicht machen könnte. Aber manchmal haben wir auch Sachen nur gemacht, um Leute zum Einschalten zu bewegen. In einer Network-Show geht es nur ums Storytelling, weil diese anderen Möglichkeiten dort wegfallen. Für eine Kabelserie ist es schwerer, die Zuschauer jede Woche zum Einschalten zu bringen, deshalb muss man da immer extremer werden.
Gibt es noch andere Unterschiede zwischen der Arbeit an einer Serie für ein Network und fürs Kabelfernsehen? Haben Sie beispielsweise die gleiche Zeit, um eine Szene zu drehen?
Zunächst mal ist der Zeitplan unterschiedlich. Die Network-Shows starten alle im Herbst, da weiß man ganz genau, wann es losgeht. Bei „Nip/Tuck“ konnte man das von Staffel zu Staffel individuell anpassen. Dann haben wir jetzt 22 Folgen im Vergleich zu höchstens 16 bei „Nip/Tuck“. Dafür dauern die Dreharbeiten aber insgesamt auch länger. Bei „Nip/Tuck“ war im Grunde jede Folge wie ein Staffelfinale, weil es da immer so viele Entwicklungen gab.
„Nip/Tuck“ war eine sehr innovative Show, aber in Artikeln über das so genannte „Quality TV“ der vergangenen zehn Jahre wird es nicht oft erwähnt, im Vergleich etwa zu HBO-Serien wie den „Sopranos“. Was glauben Sie, woran das liegt und ärgert es Sie manchmal?
Es ärgert mich überhaupt nicht. Ich bin wirklich stolz auf „Nip/Tuck“. Aber die Show versuchte so hart, jedermanns Aufmerksamkeit zu bekommen, dass sie manchmal … wie soll ich das sagen? Ich glaube, unsere Serie zu gucken, machte mehr Spaß als „Die Sopranos“, aber rückblickend hat sie deren Qualität nicht erreicht.
Ihre Figur Sean McNamara war teilweise ein sehr gebrochener Mann mit vielen Problemen und Schwächen. Wie groß ist das Potential für Ambiguität für den Helden einer Network-Cop-Show wie Lt. Al Burns?
Das gibt es da in dieser Form nicht. Die vielen Probleme und Schwächen meiner Figur in „Nip/Tuck“ haben mir viel Freude beim Spielen bereitet. „Unforgettable“ betont eher die abgeschlossenen Aspekte jeder Folge. In Network-Serien dient man lediglich der Handlung. Ich vermisse diesen anderen Aspekt.
Würden Sie gerne einmal in einer HBO-Serie spielen? Was sind generell Ihre Wünsche für Projekte nach „Unforgettable“?
Nach sieben Jahren Arbeit an „Nip/Tuck“ passte es für mich perfekt, eine Network-Serie zu machen. Danach würde ich schon gerne wieder etwas fürs Kabelfernsehen machen, vielleicht für HBO. Ich schätze die Freiheiten, die man im Kabel-TV hat, wirklich sehr.
„Unforgettable“ läuft ab dem 8. Mai dienstags um 20 Uhr 15 auf dem neuen deutschen Pay-TV-Sender glitz.
Recht aufschlussreich. Dass die Schauspieler beispielsweise nur das Drehbuch des Piloten bekommen und sich dann entscheiden müssen. Macht aber auch Sinn, weil die Sender ja Piloten bestellen und sich dann erst entscheiden, was sie in Serie schicken.
Überhaupt, scheint ein guter Typ zu sein, der Walsh. Hat jedenfalls eine realistische Einschätzung von seiner Arbeit.