Obwohl das Ende in Sicht ist (die sechste Staffel wird die letzte sein), ist aus Lena Dunhams HBO-Comedy noch lange nicht die Luft raus. Staffel 5 ist sogar eine der besten.
Sie sind älter geworden, die vier „Girls“ aus dem Serientitel, aber nicht unbedingt vernünftiger. Wahrscheinlich ist das auch eine Illusion, dass man irgendwann, wenn man nur ein bestimmtes Lebensalter überschritten hat, weiß, was man mit seinem Leben anfangen soll. Wie man spätestens merkt, wenn man die 40 erreicht hat. Hannah & Co. sind inzwischen Ende 20. Zumindest Marnie möchte zu Beginn der neuen Folgen endlich eine erwachsene Entscheidung treffen und heiraten. Das wird nicht lange gut gehen, ebenso wenig wie Hannahs Versuch, eine „reife“ Beziehung mit ihrem spießigen Lehrerkollegen Fran zu führen. Unterdessen kommen sich Jessa und Hannahs Exfreund Adam näher, als beiden lieb ist, wollen sie Hannah doch nicht verletzen.
Den interessantesten Storybogen hat diesmal aber Shoshanna – endlich, möchte man ausrufen, kam die Vierte im Bunde doch bisher immer etwas zu kurz. Shosh wurde von ihrem Arbeitgeber nach Tokio geschickt und lebt dort ihren Traum. Die japanische Kultur ist genau das, was sie unbewusst immer gesucht hat, eine Gesellschaft, in der irgendwie alle gleich sind, aber doch jeder seinen schrägsten Vorlieben frönen kann. Voll assimiliert reiht sich Shosh morgens in den Strom der Fußgänger ein, die zur Arbeit eilen, die Haare pink gefärbt. Mit ihren neuen einheimischen Freundinnen plaudert sie kichernd im Schwimmbad. Im Becken gegenüber ihr Boss, auf den sie ein Auge geworfen hat, der sich aber nicht traut sie einzuladen. Shosh lässt alle Hemmungen fallen, als sie per Telefon aus den USA gekündigt wird und damit für sie eine Welt zusammenbricht. Das Date mit ihrem japanischen Vorgesetzten führt ausgerechnet in eine Art verspielten Sexclub, wobei es in Tokio ganz normal zu sein scheint, mit seinen Arbeitskollegen dorthin zu gehen und sich zum Beispiel vor deren Augen auspeitschen zu lassen. Am Ende der Folge sagt sich Shosh „Fuck you, America“, was uns noch eine weitere großartige Folge in Japan beschert, inklusive neuem Job im Katzencafé. So leicht und witzig kann man auch von weiblicher Selbstbestimmung erzählen.
In der gleichen Episode sorgt auch Hannahs Storyline für einen humoristischen Höhepunkt nach dem anderen. Gemeinsam mit ihrer Mutter Loreen (Becky Ann Baker) gönnt sie sich ein Frauen-Wellness-Wochenende, bei dem sich Loreen darüber klar werden will, ob sie sich von ihrem als schwul geouteten Ehemann scheiden lassen möchte. Hannah sieht aber nicht ein, warum sie den Regeln des Etablissements Folge leisten soll und setzt sich mal wieder in das ein oder andere Fettnäpfchen. Großartig die Szene, in der sie in einem viel zu knappen Badeanzug mit ihrer Mutter einen Waldspaziergang macht: „Warum hast du überhaupt deine Schwimmsachen mitgebracht?“ – „Ich war so naiv zu glauben, es gäbe hier einen Pool.“ Auch wie Lena Dunham in dieser Folge tanzt, muss man einfach gesehen haben.
Idealmaß, my ass!
Die Serienschöpferin und Hauptdarstellerin wurde schon oft für ihren Hang kritisiert, sich in fast jeder Folge (halb-)nackt zu zeigen (diesmal macht sie sogar voll auf „Basic Instinct“). Diese Kritik kann im Grunde aber nur von (männlichen) Heuchlern kommen. Was Dunham für die Darstellung des weiblichen Körpers im Fernsehen getan hat, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. An Schulen müsste „Girls“ eigentlich als Pflichtprogramm zur Vorbeugung von Essstörungen und „Idealmaß“-Komplexen eingeführt werden. Wobei auch die Männer gerne mal nackt durchs Bild laufen. Auch der Sex wird in der Serie nie perfekt oder ästhetisiert inszeniert. Stattdessen dekliniert sie weiterhin die schrägsten Stellungen durch, von denen einige wohl komplette Neuschöpfungen sind.
Das Beste an „Girls“ ist, dass es immer noch nicht vorhersehbar geworden ist, dass man nie sicher sein kann, was als Nächstes passieren wird. Ein Roadtrip mit Hannahs Freund kann nach ein paar Minuten im kompletten Chaos enden. Eine zufällige Begegnung mit Marnies Exfreund kann zu einem kathartischen Tag führen. Und selbst eine Marnie-Soloepisode fällt nicht unangenehm heraus. „Girls“ kommentiert aber auch weiterhin die kleinen Ärgernisse des Alltags in einer gentrifizierten Umgebung, etwa die Cafés voller jugendlicher Vollbartträger, die es leider nicht nur in Brooklyn gibt. Die Gegenmaßnahme: ein „Café für Leute mit Jobs“. Vielleicht auch bald im Prenzlauer Berg.
Staffel 5 von „Girls“ läuft ab dem 5. Juni jeweils sonntags um 20 Uhr 15 auf TNT Comedy.