Die Cologne Conference präsentiert am 27. September die Auftaktfolge der britischen Thriller-Miniserie „The Shadow Line“: mit Christopher Ecclestone und Stephen Rea hervorragend besetzt und stilistisch brilliant, kann das Buch das hohe Anfangsniveau leider nicht halten.
Detective Jonah Gabriel (Chiwetel Ejiofor) ist zurück im Dienst. Bei seinem letzten Fall hat er eine Kugel abbekommen – die vorher das eigentliche Opfer durchschlagen hat -, welche jetzt inoperabel in seinem Kopf feststeckt. Dafür geht es ihm inzwischen wieder erstaunlich gut, sieht man davon ab, dass die Kugel sein Gedächtnis teilweise zerstört hat. Sein neuer Fall: Der Boss eines Drogensyndikats ist ermordet worden, kurz nachdem er auf Grund einer zweifelhaften Kronzeugenregelung aus dem Knast entlassen wurde. Es sieht so aus, als hätte jemand etwas zu vertuschen. Währenddessen übernimmt Joseph Bede (Christopher Ecclestone) die Leitung des Kartells.
Dass britische TV-Krimis der überwiegenden Anzahl der deutschen stilistisch meilenweit voraus sind, zeigte neulich „Sherlock“ mal wieder. Auch die siebenteilige BBC-Miniserie „The Shadow Line“ aus diesem Jahr hebt sich vor allem von der Bildgestaltung deutlich vom Fernseheinerlei ab. Die erste Folge legt die Latte mit einer spannend-mysteriösen Story und exzellenten Darstellern hoch. Leider kann die Serie dieses Versprechen nicht ganz einlösen: In manchen Episoden plätschert die Handlung erst mal lange vor sich hin, bis sie nach halber Laufzeit doch noch Fahrt aufnimmt. Auch manche Figuren sind dann doch etwas zu klischeehaft geraten: der Jüngling, der sich anschickt, eine große Rolle im Drogenbusiness zu übernehmen, ist eine ebenso unsympathische wie unrealistische Mischung aus Klaus Kinski und jungem John Malkovich, und natürlich sind korrupte Polizeibeamte immer arrogant und kauen ständig Kaugummi.
Die Backgroundstory entpuppt sich von Folge zu Folge immer mehr als ausufernde Verschwörungsphantasie, die das Ganze auch nicht unbedingt glaubwürdiger macht: Die halbe Polizei ist korrupt und man weiß nicht einmal, warum. Die Schwächen im Buch macht die Serie jedoch immer wieder durch brilliant inszenierte Actionszenen wett. Da gibt es wunderbare Verfolgungsjagden mit Autos und U-Bahnen aus multiplen Kameraperspektiven und unerwartete Explosionen, die unscheinbare Uhrengeschäfte wegblasen. Vor allem die Auftritte des undurchsichtigen Killers Gatehouse sorgen wiederholt für Gänsehaut: Man weiß nie, auf welcher Seite er steht, aber sicher ist, dass sich nie sicher fühlen kann, wer Besuch von ihm bekommt. Stephen Rea spielt diese Rolle herrlich unterkühlt. Überhaupt haben die Produzenten einen Teil der ersten Liga britischer Schauspieler versammelt. Christopher Ecclestone wird Serienfreunden noch als Dr. Who oder aus „Für alle Fälle Fitz“ bekannt sein. Hier gibt er mitreißend den unauffälligen und eher kleinbürgerlichen Drogenboss, der privat verzweifelt versucht, gegen die Demenzerkrankung seiner Frau anzukämpfen. In einer sehr effektiven Nebenrolle als Journalist ist „Rome“-Brutus Tobias Menzies zu sehen.
Für zarte Gemüter ist die Serie sicher nichts: Mehrmals kommt es zu unerwarteten brutal inszenierten Gewaltausbrüchen mit teilweise dramaturgisch unnötigen „zivilen Opfern“. In diesen Szenen gefallen sich die Macher manchmal schon etwas zu sehr in ihrer stylishen Inszenierung. Wer sich daran ebenso wenig stört wie an den gelegentlichen Längen und der etwas aufgeblasenen Story, kann sechs Stunden lang sehr begabten Menschen vor und hinter der Kamera bei der Arbeit zusehen. Und ambitionierter als 95 Prozent der deutschen Krimiproduktion ist die allemal.
Am 27. September um 19 Uhr im Filmhaus Köln.
Ich hab die Mini Serie auf Englisch gesehen und fand sie großartig. SO sollten Thriller sein!