Vier lange Jahre hat es nach dem großen Erfolg von J.J. Abrams‘ „Star Trek“-Reboot von 2009 gedauert, bis endlich die von Fans heiß erwartete Fortsetzung in den Startlöchern steht. Viele Gerüchte über die Handlung und vor allem über die Identität des Gegenspielers hatte es im Vorfeld gegeben, aber damit hatte sicherlich niemand gerechnet.
Dass Abrams als seinen zweiten Trek-Film mehr oder weniger ein Remake des originalen „Star Trek II“ (1982) gedreht hat, der bei vielen Trekkern immer noch als der beste gilt.
Aber der Reihe nach: Nachdem sie sich im ersten Teil zusammenraufen mussten, sind Kirk, Spock und die anderen Führungsoffiziere der Enterprise inzwischen ein schon recht eingespieltes Team, als es zu einer verheerenden Explosion in einem Sternenflottenarchiv kommt. Ein Mitarbeiter hat sich dort selbst in die Luft gesprengt und dabei Dutzende anderer mit in den Tod gerissen. Gezwungen wurde er dazu von einem „neuen“ Oberschurken namens John Harrison (Benedict Cumberbatch). Kirk wird als einzigem schnell klar, dass hinter dem Anschlag mehr stecken muss, ist ein Archiv doch ein zu weiches Ziel, wenn man der Sternenflotte nachhaltig schaden will. Nachdem auch noch das Hauptquartier samt Führungsspitze dem Terror anheimfällt, beauftragt der oberste „Head of Starfleet“ (eine Position, von der man bisher noch nie gehört hatte, dass sie existiert) natürlich ausgerechnet den ungestümen Kirk mit seiner Crew, den Drahtzieher Harrison dingfest zu machen. Und der versteckt sich ausgerechnet auf Kronos, der Heimatwelt der Klingonen, mit denen ohnehin schon länger ein Krieg droht. Aber es scheint Verantwortliche innerhalb der Flotte zu geben, denen ein solcher gerade recht käme…
Nach den bisher letzten beiden „Batman“-Filmen hat nun also auch im „Star Trek“-Universum der Terrorismus Einzug gehalten. Gleich mehrfach wartet der neue Film mit spektakulären Zerstörungsorgien in (aus heutiger Sicht) westlichen Großstädten auf, in den Innenstädten von London und San Francisco. Allerdings geht Abrams dabei doch um einiges subtiler vor als Christopher Nolan es mit seiner platten Übertragung des Themas in eine Fantasiewelt in „The Dark Knight Rises“ vorgemacht hat. Der Terror ist bei Abrams nicht mehr als ein Aufhänger für großartige Actionszenen und eine zusätzliche Motivation (Rache) für die Protagonisten – und das ist auch gut so.
Fast mehr noch als im Vorgängerfilm zitieren Abrams und die Drehbuchautoren Orci, Kurtzman und Lindelof diesmal wieder die reichhaltige „Star Trek“-Geschichte. Geschieht dies anfangs noch auf charmante Weise beiläufig, indem etwa mal erwähnt wird, dass Christine Chapel lieber Krankenschwester geworden ist, als sich weiter den sexuellen Nachstellungen Kirks auszusetzen, nehmen die Bezüge, insbesondere zum zweiten Teil der alten Filmreihe, irgendwann überhand. Da wäre zunächst einmal das Auftauchen eines neuen Crewmitglieds, der attraktiven jungen Wissenschaftsoffizierin Dr. Carol Marcus. Genau: die Carol Marcus, von der Kirk in „Die Rache des Khan“ erfuhr, dass er der Vater ihres Sohnes ist. Natürlich ruft früher oder später ein Führungsoffizier durchgeknallt: „Khaaaan!“; darauf hat man als Fan schon fast gewartet. Spätestens, wenn 20 Minuten vor Schluss die berühmteste und bewegendste Szene aus „Star Trek II“ fast eins zu eins re-inszeniert wird, nur diesmal mit umgekehrten Rollen, fragt man sich aber, wie weit eine Hommage gehen kann, ohne zum Plagiat zu werden. Es käme wohl auch niemand auf die Idee, die Schlussszene aus „Casablanca“ noch mal zu drehen, wobei dann Rick ins Flugzeug steigt und Ilsa Lund großzügig verzichtend zurück bleibt.
Auch sonst stellt sich öfter das Gefühl ein, die Macher hätten diesmal einfach zu viel des „Guten“ gewollt. Den erneuten Gastauftritt des alten Spock Leonard Nimoy hätte es ebenso wenig gebraucht wie einige redundante Storywendungen, die dann doch zu nichts führen, außer Laufzeit zu verschlingen. Warum muss etwa Kirk anfangs seines Kommandos enthoben werden, nur um es zehn Minuten später wieder zu bekommen? Ohnehin hat Abrams ein starkes Problem mit dem Pacing: Startet der Film wieder furios mit einer aufwändigen Actionsequenz (die diesmal aber seltsam isoliert, ohne Bezug zur nachfolgenden Handlung wirkt) und hält das Tempo auch in der grandiosen ersten halben Stunde, wird es danach doch arg langatmig. In der mittleren Stunde passiert im Grunde so gut wie nichts, so dass man sich angesichts schier endloser Dialoge und Erklärungen fragt, ob nicht vielleicht mal wieder eine Actionszene gut wäre. Erst in der letzten halben Stunde zieht der Film das Tempo wieder an, um dann aber recht abrupt zu enden. Der große Schlusskampf bleibt aus oder besteht jedenfalls nur aus einem Faustkampf (!). Das wirkt in einem derart teuren und aufwändigen Science-Fiction-Blockbuster schon fast befremdlich.
Technisch bewegt sich der Film absolut auf der Höhe der Zeit. Die Raumschlachten, ebenso wie die Terroranschläge sind spektakulärer inszeniert als man das in den meisten anderen Hollywood-Streifen sehen konnte. Die Musik von Michael Giacchino untermalt das Geschehen perfekt und jagt einem insbesondere zu Beginn eine Gänsehaut über den Rücken. Auch schauspielerisch braucht sich der neueste „Star Trek“-Ableger nicht vor den Highlights der Reihe zu verstecken. Benedict „Sherlock“ Cumberbatch braucht zwar etwas, um in seine Rolle hinein zu finden, hat aber später einen großen emotional überzeugenden Monolog. Vor allem gelingt es ihm – im Gegensatz zu dem doch recht blassen Bösewicht des direkten Vorgängerfilms –, endlich mal wieder einen ambivalenten Schurken zu verkörpern, dessen Motivation bis zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehbar ist. Auch Chris Pine (Kirk) und Zachary Quinto (Spock) können als ungleiches Führungsduo wieder überzeugen, wobei Kirk ja bei Abrams ohnehin mehr Charaktertiefe bekommt, als William Shatner in knapp 30 Jahren zeigen durfte. Hinzu kommen interessante Gastauftritte von Altstars wie Peter „Robocop“ Weller als zwielichtigem Admiral Marcus und erneut Bruce Greenwood (der Surfer-Daddy aus „John from Cincinnati“) als väterlichem Vorgesetztem Pike.
Was Abrams diesmal leider gar nicht gelingt, ist, seine Zuschauer emotional zu berühren. Dafür ist die Story dann doch zu vorhersehbar, wirken die dramatischen Momente zu kalkuliert. Und ein wenig krankt die Geschichte – neben aller Logikfehler und physikalischen Unmöglichkeiten, die ja schon fast zu einem „Star Trek“-Film dazu gehören – natürlich auch daran, dass nie wirklich etwas auf dem Spiel steht, da das Happy End quasi garantiert ist. Da waren die Autoren des alten „Star Trek II“ in den 1980ern schon mutiger, denn sie ließen am Ende zumindest offen, ob Spock endgültig tot war oder nicht.
Anders als Abrams‘ Debüt im Trek-Universum hinterlässt sein zweiter Auftritt deshalb leider insgesamt einen zwiespältigen Eindruck. „Into Darkness“ ist immer noch charmanter und besser inszeniert als das allermeiste, was sonst so an Genre-Actionblockbustern die Multiplexe verstopft. Aber der alte Sog, die Vorfreude, dass es immer so weiter gehen könnte, stellt sich diesmal nicht ein.
Ab dem 9. Mai im Kino.
Ich finde, dass diese ganze Geheimtuerei von J.J. Abrams, wer John Harrison eigentlich ist, völlig unnötig. Es wäre besser gewesen Harrison zunächst als Wohltäter zu inszenieren, dessen Image sich dann langsam zum Bösen wandelt. Stattdessen ist der establishing shot von Cumberbatch schon so eindeutig, dass es keine große Überraschung ist, dass er der Bösewicht ist. Daher verpufft auch der „große Moment“ indem Harrison sich als Khan entpuppt, da der Bösewicht immer noch der Böswicht ist und ein Namenswechsel nicht sonderlich viel an der Ausgangslage ändert. Da hat sich Abrams einfach keinen Gefallen getan.
Hier meine Review: https://filmkompass.wordpress.com/2013/05/09/star-trek-into-darkness-3d-2013/