„CopStories“-Kritik: Ep 1.05: „Strizzi“

Sylvester (Michael Steinocher) bekommt einen Erzrivalen. Foto: CopStories DVD, Gebhardt Productions

Bevor im Herbst Staffel 3 im Fernsehen anrollen soll, strahlt der ORF zuvor noch einmal die ersten beiden aus. In „Strizzi“ löst Leila einen Fall brutaler Misshandlung, Mathias macht Atemübungen,  und Sylvester begegnet endlich einem ebenbürtigen Gegner.

Die Schwierigkeit, alle Figuren zu bedienen

Dass CopStories so viele Hauptfiguren gleichzeitig bedienen muss, ist Segen und Fluch gleichermaßen. Während ein umfassendes Bild eines (natürlich leicht dramatisierten) Polizeialltags geschildert werden kann, ist es andererseits gelegentlich frustrierend, Folge für Folge vergeblich auf charakterliche Fortschritte bestimmter Figuren zu warten. Vor allem bei Mathias macht sich das jetzt schon bemerkbar, der nicht zum ersten Mal gänzlich auf Chantal reduziert wird – da muss man als Zuseher jetzt schon einen langen Atem beweisen.

Was hinzukommt, ist, dass „CopStories“ hier im Grunde versagt, seine Bredouille verständlich wiederzugeben: Die Atemübungen sind dafür gedacht, dass er beim Sex nicht zu früh kommt; doch weil die Szenen des Zu-früh-Kommens auf Musikmontagen beschränkt sind und waren, und Mathias-Szenen und –Handlungsstränge meist auf Komik ausgelegt sind, ist es schwierig, jene  überhaupt als richtig zu interpretieren. Dass Mathias‘ Anstrengungen vergeblich sind und die Entwicklung stagniert, macht die Interpretation der (mittlerweile eher mühsamen) Sexszenen nicht einfacher.

Warten auf Charakterentwicklung

Manche Figuren werden so gut wie überhaupt nicht in jenem Sinne bedient, dass wir viel über ihre Privatleben erfahren. Während mir etwa die Charakterisierung Florians als ein deutlich erwachsenerer Sylvester sehr gut gefällt (Sein „Sylvester, i hab a Kind!“ lässt Sylvester sehr verdutzt schauen), befindet er sich in Sachen eigenem Handlungsstrang derzeit noch in der Warteschleife. Offenbar schiebt „CopStories“ da aber schon seine Schachfigürchen in Bewegung: Ein Konflikt mit der Ex ist vorprogrammiert. Auch Leila und Lukas warten noch auf Charakterentwicklung: Die Beiden sind zwar prominent in den „Strizzi“-Folgen vertreten und nun auch schon klar als Figuren definiert, für eine intensivere Beschäftigung blieb aber einfach noch keine Zeit.

Dabei muss man „CopStories“ eh zu Gute halten, wie ökonomisch und effizient die Serie ihre Geschichten erzählt (mal vom Teaser abgesehen). „Strizzi“ beinhaltet vergleichsweise detaillierte Fälle (etwa Max Kanter, dessen herrliche Selbstgefälligkeit ruhig eine vorherige Episode verdient gehabt hätte – bei dem lassen die Autoren eine tolle Zeile nach der anderen fallen), hat aber wie immer auch Zeit für mehrere Nebenhandlungen, die längerfristige Geschichten ein klein wenig vorantreiben. Eberts Stunden bei Dr. Michaelis etwa zeigen, dass die Standpunkte sich langsam, wenn auch schleppend, annähern. Bei Bergfeld und Selma wird unterdessen das Flirten endlich explizit, und Selma hat Recht: Warum verbannt Bergfeld das Foto seiner Frau in die Schublade?

Sylvester vs. Benny Bruckner

Sylvester hat es indes mit Benny Bruckner zu tun, dem Schrecken aller Eltern, der mehr als bloß ein titelgebender Strizzi [durchtriebener Bursche; Anm. d. Red.] ist. Während der Fall selbst eher leichtherzig ist (der plötzlich über sich hinauswachsende Hallenwart, ein Küsschen für Sylvester als Dank), behandelt er aber eigentlich ein schwieriges Thema: Wie soll man mit solch einem Kind umgehen? Belangen kann man ihn schließlich rein rechtlich aufgrund seines Alters nicht. Sylvesters „Hast du dafür überhaupt einen Führerschein?“ ist schon mal eine ausgezeichnete (und toll geschriebene) Antwort, aber ihm wirklich das Go-Kart abzunehmen ist dann sicherlich schwierig durchzusetzen. Sylvester versichert zwar, regelmäßig in der Halle Bennys Verhalten zu kontrollieren, aber wie ernst ihm das ist respektive wie praktikabel, sind andere Fragen.

Dass der Vater vom Hallenwart in Windeseile trotz Boxberufs umgehauen wird, ist schon eine sehr romantisierte Lösung, „CopStories“ macht es sich da (notwendigerweise) einfach; viel schwieriger ist es (und zeitlich natürlich wohl nicht machbar), sich zu überlegen, wie sich seine Erziehung von diesem Punkt an tatsächlich verändern muss, um ihn zu einem funktionierenden Mitglied der Gesellschaft werden zu lassen. Was „CopStories“ aber auf jeden Fall richtig macht, ist, die Ursache für Bennys Verhalten an den Eltern festzumachen, denn nur so können Sylvester, der Hallenwart und Co. wirklich den Jungen erreichen.

Scheißkerle

Auch Leilas Fall ist gesellschaftsrelevant, auch wenn da nicht ganz sicher ist, wie glaubhaft die Liebe von der Prostituierten Simona zu ihrem Boris ist – bei mehrmaligen Schlägen gegen den Bauch einer Schwangeren hören für gewöhnlich die rationalen Erklärungsmöglichkeiten auf. Trotzdem ein gelungener Fall, weil er Leilas Einsatz für eingeschüchterte Frauen hier deutlich besser rüberkommen lässt als noch in Folge 2 („Zund„), auch weil er ihre Einstellung zum Thema besser darstellt: „Natürlich war’s ein Scheißkerl!“ ist eine absolut realistische Vermutung, aber auch eine voreingenommene.

Dogan (Hakan Yavas) lässt mit seinen Lakeien seine Muskeln spielen. Foto: CopStories DVD, Gebhardt Productions
Dogan (Hakan Yavas) lässt seine Muskeln spielen. Foto: CopStories DVD, Gebhardt Productions

Der wichtigste Fall von „CopStories“ ist aber natürlich jener rund um Dogan. Auch wenn „CopStories“ eine klassische Zopfdramaturgie verwendet – die Handlungsstränge also abwechselnd an die Reihe kommen –, wird der Dogan-Strang in jeder Episode an die Vorderfront geholt. Das gibt der Serie Halt, und dadurch wird man erst so richtig an der Stange gehalten – ohne diese in jeder Episode weiterentwickelte Handlung wäre „CopStories“ wohl wirklich mehr eine Sammlung voller Kurz- und Einzelgeschichten.

Gelegentlich wünscht man sich, dass diese Geschichte noch prominenter platziert wäre. Aber „Strizzi“ gelingt es auch so sehr gut, in nur wenigen Szenen diese Geschichte um die logische Konsequenz von Efes Unmut gegenüber Altan, die Hausdurchsuchung nicht verhindert zu haben (wie auch immer das hätte gehen sollen), weiterzubringen. Dass Altan in der Vorfolge seine Polizeimarke zurückgeben wollte, war eh eher unglaubwürdig; „Strizzi“ hingegen macht da Schritte in die richtige Richtung: vorwärts, in Richtung Staatsanwalt.

Während die Serie zu diesem Zeitpunkt nicht recht zu wissen scheint, was sie mit den Teasern und mit Mathias anstellen soll, ist „Strizzi“ also abermals eine Bestätigung der Stärke von „CopStories“, überzeugende Kleingeschichten während einer knappen Stunde Laufzeit zu erzählen. Gleichzeitig sehnt man sich aber auch fast ein wenig nach einer intensiveren Befassung mit den jeweiligen Fällen und Polizisten – ein Zwiespalt, den „CopStories“ ja schon durch seine Struktur ganz prinzipell nicht loswerden kann.

„CopStories“ Staffeln 1 und 2 werden seit dem 7. Juli jeden Dienstag um 21.05 Uhr auf ORFeins ausgestrahlt. Danach sind die Folgen für sieben Tage in der ORF-TVthek (auch europaweit) verfügbar. Beide Staffeln sind als DVD erhältlich.

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