„Masters of Sex“-Kritik: Ep. 3.01: „Parliament of Owls“

Zwei Frauen im Bett: Virginia und Libby; Foto: Sony TV

Mit einer handlungstechnisch vollgestopften Folge meldet sich das Showtime-Drama über die Pioniere der Sexualforschung zurück. Nach einem Zeitsprung von fünf Jahren (ins Jahr 1965) präsentieren William Masters und Virginia Johnson in einer Rahmenhandlung ihre fertiggestellte Studie erstmals der Presse. In Rückblenden zu einem misslungenen Familienurlaub vier Monate zuvor wird das ganz große dramatische Fass aufgemacht.

Den Anspruch der beiden Wissenschaftler an ihre Arbeit zur menschlichen Sexualität bringt Virginia vor der versammelten Presse vielleicht etwas zu spruch- und druckreif auf den Punkt (auf die Frage eines Journalisten, ob sie sich nicht nur an die sexuelle Revolution anhängen wollten): „We are the sexual revolution.“ Zumindest scheinen die beiden Forscher diese unabhängig von ihrer Studie inzwischen auch zu leben: Wie sich in den Rückblenden zeigt, führen Virginia, William und dessen Gattin Libby wohl mittlerweile eine Art Ehe zu Dritt. Dass diese gelebte Libertinage trotz allem fortschrittlichen Denken auf emotionaler Ebene doch zu Verletzungen führt, offenbart sich dadurch, dass Libby regelmäßig zu einem Anti-Depressivum greifen muss. Sehr treffend sangen schon Wir sind Helden auf ihrem letzten Album in der „Ballade von Wolfgang und Brigitte“ davon, dass in solchen „offenen Beziehungen“ eben doch meistens ein Partner (mehr) leidet. Offensichtlich ist Libby bereit, diesen Schmerz hinzunehmen und ihren Ehemann mit Virginia zu teilen, um zumindest ihren Kindern eine intakte Familie bewahren zu können. Zudem scheint sie zu der anderen Frau inzwischen eine engere Vertrautheit aufgebaut zu haben als zu ihrem eigenen Gatten – was sie dieser gegenüber auch ausspricht, bevor es zu einem Kuss kommt, der nach der eigentlich gelungenen emotionalen Szene irgendwie aufgesetzt wirkt.

Immer Ärger mit den Kindern

Wie auch vieles andere in dieser Folge, die sich über weite Strecken eher wie eine (wenn auch sehr stilvoll inszenierte) Soap anfühlt, statt wie jene ernsthafte und anspruchsvolle Dramaserie, als die sie in der ersten Staffel begann. Nach einer wesentlich schwächeren zweiten, die über weite Strecken wie ein bemüht psychologisches Kammerspiel wirkte, scheint das Pendel nun in die andere Richtung ausgeschlagen zu sein: Eine dramatische Entwicklung jagt förmlich die andere. Virginias inzwischen fast erwachsen gewordenen Kinder machen ihr auf unterschiedliche Weise nur noch Ärger: Während der 17-jährige Henry sich zur Army melden will und eine Affäre mit einer wesentlich älteren alleinerziehenden Mutter hat, flirtet die 15-jährige Tessa recht unverhohlen mit William und testet auch beim Alkohol ihre Grenzen aus. Das Ganze endet in einer desaströsen Sequenz (sowohl für Bill als auch für die Zuschauer), in der sich nicht nur Tessa halbnackt auf ihren „Stiefvater“ stürzt, sondern auch noch dessen eigener Sohn John sich als völlig gestört entpuppt. Letzteres ist zwar angesichts der Gefühlskälte, die sein Vater ihm in den ersten beiden Staffeln entgegen gebracht hat, nicht verwunderlich, kommt aber trotzdem völlig unvermittelt (und zudem übertrieben; welcher halbwüchsige Sohn sagt wirklich seinem Vater: „Shut up, you fucker“?) gegen Ende der Folge zum Vorschein.

Von dem, was die Faszination der Serie ursprünglich zum großen Teil ausmachte, der Studie selbst und den Schwierigkeiten, die sich bei deren Durchführung einstellen, bekommen wir nur ganz kurz etwas zu sehen, am Anfang der Folge. Vieles andere, das dramatisch wirken soll, erscheint eher bemüht und oft völlig vorhersehbar (wie etwa, dass der mit der Mutter streitende Henry, als er unaufmerksam auf die Straße tritt, angefahren wird). Und natürlich muss, wenn eine junge Frau sich in einer Serie übergibt, danach immer die Enthüllung folgen, dass sie schwanger ist. Für den weiteren Verlauf der Staffel verspricht das leider nichts Gutes. So bleiben nur die nach wie vor beeindruckenden Leistungen der Hauptdarsteller und die gediegene Inszenierung, um mich bei der Stange zu halten.

 

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