Die überleben wollen: „Falling Skies“ S1 E01+02

 

Der Alienangriff hat alle Zukunftsträume ausgelöscht: Promoplakat; Abb.: TNT

Am Sonntag (19. Juni) startet Steven Spielbergs von Vielen heiß ersehnte neue SF-Serie „Falling Skies“ in den USA, fünf Tage später auch bei uns im Pay-TV. Können die beiden Auftaktfolgen die hohen Erwartungen erfüllen?

Die Zeiten, in denen uns Steven Spielberg in seinen Science Fiction-Filmen und –Serien liebenswerte oder zumindest friedfertige Aliens präsentierte wie in „E.T.“ (1982) oder „Earth 2“ (1995), sind schon lange vorbei. Nach „Krieg der Welten“ (2005) produziert er nun mit „Falling Skies“ eine weitere Erzählung von übel gesinnten Außerirdischen, die über die Erde herfallen und die Menschheit vernichten wollen, diesmal als Serie. Anders als die H.G.Wells-Neuverfilmung beginnt die neue TNT-Show aber nicht kurz vor der Invasion, sondern ein halbes Jahr danach. Ein Großteil der Menschen ist bereits getötet worden, die Großstädte sind erobert. Die Überlebenden versuchen, sich in Gruppen von einigen Hundert durchzuschlagen – und den Widerstand zu organisieren.

Im Mittelpunkt der Serie steht eine dieser Gruppen, die sich am Rand von Boston sammelt. Angeführt wird sie von dem misslaunigen Captain Weaver (Will Patton). Der gerät immer wieder in Konflikt mit den zivilen Wortführern, dem ehemaligen Geschichtsprofessor Tom Mason (Noah Wyle) – der allerdings auch längst zum Kämpfer geworden ist – und der Kinderärztin Anne Glass (Moon Bloodgood). Mason wurde durch den Angriff zum Witwer. Zwei seiner Söhne sind noch bei ihm, während der dritte in die Gewalt der Aliens geraten ist, wovon er erst in der Pilotfolge erfährt.

Während Mason einen Plan schmiedet, seinen Sohn zu befreien, hält Weaver eine Rettungsaktion für zu gefährlich. Was ist wichtiger: die Freiheit eines Einzelnen oder das Überleben der ganzen Menschheit? Solche Fragen stellt die Serie bereits in den ersten beiden Folgen ständig. Dabei erinnert sie nicht nur an bekannte Alieninvasions-Filme wie „Krieg der Welten“ oder „Independence Day“ (1996), sondern auch an Ronald D. Moores Neuauflage von „Battlestar Galactica“: Hier wie dort steht über allem die Frage, ob und wie die menschliche Zivilisation überleben kann, nachdem sie von einer nicht-menschlichen weitgehend ausgelöscht wurde. Während es für die Militärs nur ums Überleben und Startegie geht und sie die Zivilisten überwiegend als Ballast empfinden, versuchen diese, ihre (Mit-) Menschlichkeit zu behaupten.

Aber die Konflikte existieren nicht nur innerhalb der Gruppe der Widerständler, sondern auch zwischen verschiedenen Gruppen von Überlebenden. Denn schon in der zweiten Folge stoßen Tom Mason und seine Mitstreiter auf eine Gang von Kriminellen, die das Chaos für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Wie in J. Michael Straczynskis postapokalyptischer Comicadaptions-Serie „Jeremiah“ (2002-2004) treffen hier zwei Gruppen mit höchst unterschiedlichen Vorstellungen von der Zukunft der Menschheit aufeinander: Während die einen trotz allen Leides und aller Zerstörung versuchen, die Zivilisation aufrecht zu erhalten und wieder aufzubauen, wollen Andere ein Unrechtsregime etablieren, in dem die Stärkeren die totale Macht haben. Wie in allen guten Alieninvasions-Geschichten ergeben sich die eigentlich interessanten Auseinandersetzungen nicht zwischen Außerirdischen und Menschen, sondern unter den Menschen.

Was allerdings nicht heißt, dass „Falling Skies“ nicht auch auf aufwändige Kampfszenen mit den Aliens setzen würde. Diese Skitters genannten Wesen, über die die Überlebenden anfangs kaum etwas wissen, erinnern ein wenig an ihre insektenartigen Kollegen aus Paul Verhoevens modernem Trash-Klassiker „Starship Troopers“ (1997). Sie haben sechs Beine, bauen aber zweibeinige Kampfroboter. Außerdem können sie über Bioimplantate entführte Menschen kontrollieren. Wobei sie sich aus ungeklärten Gründen nur für Jugendliche zu interessieren scheinen. Die Action- und Kampfszenen entsprechen natürlich dem technischen state of the art, wie es bei einer von Spielberg produzierten SF-Serie nicht anders zu erwarten war. Dabei sind die Feuergefechte im Dunkeln allerdings teilweise etwas unübersichtlich geraten.

Geschichtsprofessor mit Gewehr: Tom Mason (Noah Wyle); Foto: TNT Serie

Schauspielerisch setzt die Serie auf zwei relativ bekannte Namen und eine Reihe von Newcomern. Unangefochtener Star ist natürlich Noah Wyle, der Sympathieträger aus „ER“, der sicher mit dem Hintergedanken besetzt wurde, einen Teil des Publikums des Krankenhausepos’ in seine neue Serie herüber zu ziehen. Auch diesmal ist seine Figur wieder ein Intellektueller, allerdings diesmal einer, der gelernt hat, sich mit dem Gewehr in der Hand zu verteidigen. Die Gewalt ist für Tom Mason aber nur Mittel zum Zweck. Was ihm vor allem am Herzen liegt, ist die Bewahrung des kulturellen Erbes der Menschheit. Das führt mitunter zu schönen, leisen Szenen, wie der, in der er vor dem Abmarsch aus Boston einen Haufen alter Druckwerke entdeckt. Da er nur für ein Buch Platz in seinem Rucksack hat, muss er sich entscheiden, welches literarische Werk er mitnimmt und damit für die Nachwelt rettet: Jules Vernes’ „20.000 Meilen unter dem Meer“ oder Charles Dickens’ „Eine Geschichte aus zwei Städten“.

Das Stethoskop hat der ehemalige Dr. Carter-Darsteller an seine Kollegin Moon Bloodgood (aus „Terminator IV“) abgegeben, die hier die mitfühlende Ärztin gibt. Will Patton, der den Captain Weaver spielt, ist ein Genreveteran, der bei „Postman“ (1997) bereits in einer anderen Postapokalypse einen – allerdings weniger  ambivalenten – Militärführer verkörperte. Hinzu kommen einige attraktive Jungstars, ohne die heutzutage in den USA wohl keine neue Genreserie mehr auskommt. So oberflächlich wie die Teenager etwa in „Caprica“ wirken sie aber zum Glück nicht. Viel kann man nach zwei Folgen über die Charaktere und die schauspielerischen Leistungen aber ohnehin noch nicht sagen. Dazu bleiben alle Figuren noch zu blass.

Angenehm ist, dass sich Serienschöpfer und Autor Robert Rodat („Der Soldat James Ryan“) mit Patriotismus für US-Verhätnisse sehr zurück hält, auch wenn Geschichtslehrer Mason gerne mal an den Sieg der zahlenmäßig unterlegenen Kolonisten im Unabhängigkeitskrieg erinnert. Insgesamt haben er und Spielberg, der mit „Earth 2“ in den 90ern immerhin eine der besten – und am meisten unterschätzten – SF-Serien der vergangenen 30 Jahre produziert hat, mit „Falling Skies“ die Science Fiction nicht neu erfunden. Sie bedienen sich verschiedener etablierter Versatzstücke aus der Geschichte der alien attack-Filme, variieren diese aber gekonnt und auf eine Weise, die durchaus Lust auf Mehr macht. Nun müssen sie in den weiteren Folgen beweisen, dass ihr Konzept auch über längeren Atem verfügt. Dazu müssen vor allem die Hauptfiguren noch deutlich an Profil gewinnen, um die Zuschauer auf Dauer an die Serie zu fesseln. Das Potential dazu hat sie auf jeden Fall.

Die erste Staffel von „Falling Skies“ läuft ab 19. Juni sonntags in den USA auf TNT und ab 24. Juni freitags um 20.15 Uhr in Deutschland bei TNT Serie.

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